Grübeln an der Bar der Macht: Wie machen wir das bloß mit der schottischen Königin?

Foto: Mangafas

Die letzte Theaterpremiere von Linz 09 in der Hafenhalle: Die Bühne rückt weit in den Zuschauerraum, die flachen Sitztribünen unterstreichen die Raumwirkung auch in die Tiefe. Vor dem Publikum entfaltet sich eine Cinemascope-Version von Schillers Drama.

Zuvörderst hat Aida Karic ihre Version des Klassikers medial angefüttert: Eine Band legt dem Drama einen permanenten Soundtrack zugrunde, die Darsteller sind zuweilen mit Kameras unterwegs, die Leinwand wird mit Überwachungsvideos und Breaking News bespielt. So wird etwa die Festnahme der schottischen Königin durch ihre Widersacherin ElisabethI. wie die Leibesvisitation Saddam Husseins inszeniert. Medienkritik trifft auf Terrorismushysterie, der Hof will Maria Stuart ausmerzen, diskutiert im Nachtclubambiente die Exekution. Doch bevor man an diesen Plotpoint gelangt, ist Karic längst in die Filmgeschichte abschweift.

Elisabeth ist das alternde Showgirl aus Fellinis 8½, Maria Stuart der Jungstar (Aka Gloria Moren), und der zwischen den Königinnen pendelnde Graf von Leicester mimt Mastroianni. Auch La Dolce Vita fehlt nicht: Elisabeth gibt die Eckberg als Filmdiva, später auch noch Mrs. Robinson aus Die Reifeprüfung. Alles Frauen, die in ihren isolierten Rollen die Verlorenheit in der Gesellschaft markieren. Diese schöne Anreicherung der Ränkespiele gerät etwas zu weitläufig. Als gegen Ende der Fokus auf Elisabeth und ihr Zögern, Stuarts Exekution zu unterschreiben, zu ruhen kommt, ist man dankbar, mit der Einsamkeit der Herrscherin allein zu sein, ohne Musik und Leinwandverdopplungen. (Wolfgang Schmutz, DER STANDARD/Printausgabe, 12./13.12.2009)