Keine Ahnung, wie Sie das konkret halten. Aber in Wien schweigen Eltern ihre Kinder in Öffis gern und ausgiebig an. Falls Sie auch zur Schweigefraktion gehören: Reden Sie mit ihren Nachwüchsen. Und zwar nicht nur in Befehlsformen und Verbotslitaneien. Pflegen Sie die Debattenkultur. Denn elterliche Wortkargheit hat Auswirkungen, mag sein: Komatrinken. Mag sein: Beziehungslosigkeit. Auf alle Fälle aber: lebenslanges Sprachdefizit.

Schon vor gut zwanzig Jahren zeigte eine Studie der Chicago University, dass Zweijährige redefreudiger Mütter einen um 300 Wörter größeren Wortschatz haben als Gleichaltrige, die angeschwiegen werden. Und die Differenz wächst.

Kinder einsilbiger Eltern sind in ihrer sprachlichen Entwicklung krass benachteiligt, Schulen können später kaum mehr gegensteuern. Andererseits beflügelt elterlicher Redefluss den kindlichen IQ und Wissensdurst.

Und nein, das TV-Kastl als Ersatz-Omi auf vier Rädern kann diesen Bildungsauftrag nicht übernehmen. Lesen Sie also selbst vor, statt die Kinder mit dem TV-Sandmännchen stillzulegen.

Der Hirnforscher Manfred Spitzer schreibt in seinem Buch Vorsicht Bildschirm, übermäßiger Fernsehkonsum mache Kinder dumm, krank, möglicherweise auch tot (Übergewicht, Bluthochdruck, Altersdiabetes) und jedenfalls sprachlos.

Elterliches Schweigen erledigt den Rest. (Andrea Schurian, DER STANDARD/Printausgabe, 12./13.12.2009)