Die Beschwerden vietnamesischer Internetnutzer über eine angebliche Zugangssperre zum weltgrößten sozialen Netzwerk Facebook haben sich in den vergangenen Wochen vermehrt. Vonseiten der kommunistischen Regierung gibt es bislang dennoch keine klaren Antworten auf die Fragen nach Ursachen für die zunehmend erschwerte Erreichbarkeit der Website. Nachdem die Staatsführung anfangs jegliche Verantwortung bestritt, hat Nguyen Phuong Nga, ein Stellvertreter des Außenministeriums, vor wenigen Tagen gegenüber ausländischen Medien bestätigt, dass Agenturen "gewisse soziale Webseiten evaluieren".

Anbiederung an China

Experten orten in der angeblichen Facebook-Blockade Vietnams eine Anbiederung an die benachbarte Volksrepublik China. Nicht nur erinnere eine schärfere Kontrolle an eine Medienzensur nach chinesischem Vorbild. Darüber hinaus liege eine der Ursachen für die Facebook-Ausfälle in Protesten von Aktivisten gegen chinesische Bergbauarbeiten in Vietnam, die über die Plattform koordiniert worden seien. Dabei ist das Verhältnis zwischen den beiden Ländern ohnehin "nicht unbedingt das beste, wenngleich man sich nach außen freundschaftlich gibt", wie China-Experte Jörg Rudolph, Geschäftsführer des Ostasieninstituts Ludwigshafen.

Blockade-Anweisungen

Seit wenigen Monaten ist Facebook auch in vietnamesischer Sprache verfügbar. Die Nutzer-Zahl ist seither auf über eine Mio. gestiegen. Bei verschiedenen Providern sei die Seite jedoch zumindest vorübergehend seit einigen Wochen nicht erreichbar. Wie US-Medien berichten, haben Anbieter wie die Vietnam Post, Telecommunications oder FPT Telecom gegenüber ausländischen Medien bestätigt, von Regierungsvertretern angewiesen worden zu sein, Facebook zu blockieren. Eine offizielle Bestätigung blieb bisher jedoch aus.

Dem Stellvertreter des Außenministeriums Nguyen Phuong Nga zufolge sei die Evaluierung von Inhalten verschiedener Social Websites aufgrund von Beschwerden über einen Missbrauch der Seiten und wegen der Veröffentlichung von Informationen, die als "unangebracht" bewertet wurden, durchgeführt worden. Beobachter gehen hingegen davon aus, dass der Vorstoß gegen Facebook Teil einer breit angelegten Regierungsoffensive ist, alle Formen von elektronischer Kommunikation und Ausdruck zu kontrollieren. Der Aufschrei über eine Facebook-Sperre dürfte zudem lauter sein als wegen des angeblichen Missbrauchs.

Totalsperre

Neben Facebook dürfte eine Reihe weiterer sozialer Netzwerke von vorübergehenden Zugangsproblemen betroffen gewesen sein. Auch unter den Internet-Usern hatten sich Spekulationen verbreitet, die Ausfälle seien auf Anweisungen vonseiten der vietnamesischen Regierung zurückzuführen, eine offizielle Bestätigung blieb jedoch aus. Dennoch habe sich die Situation seither verschlechtert - die Ausfälle hätten sich gehäuft und seien bei weiteren Providern aufgetreten. Facebook-User befürchten daher, dass das Portal in Vietnam zur Gänze gesperrt werden könnte. (pte)