Wien - Zehn Jahre brauchten Verleger und Journalisten für ein neues Selbstkontrollorgan ihrer Branche, sieben davon ohne Presserat. 2002 hat der Zeitungsverband den alten Presserat verlassen. Die Journalistengewerkschaft hatte damals aus Verlegersicht im Trägerverband zu viel Gewicht. Donnerstag einigten sich Zeitungsverband VÖZ und Gewerkschaft auf die neuen Statuten des Trägervereins. Wieder zählen sie zu den gewichtigsten Mitgliedern dieses Vereins.

Die Verleger setzten einige zentrale Forderungen durch. Die Journalistengewerkschaft lenkte ein, um überhaupt die Basis für eine neue Selbstkontrolle zu schaffen.

Wer sich nun beim Presserat beschwert, muss darauf verzichten, in derselben Causa ordentliche Gerichte anzurufen. Die Regelung kritisierte Verfassungsrechtler Walter Berka als "in höchstem Maße problematisch": "Selbstkontrolle darf kein Surrogat für den Schutz von Grundrechten sein und diesen auch nicht aushebeln."

Bauer ist mit diesem Punkt "absolut nicht glücklich". Nach einem Jahr würden die Statuten "evaluiert" und "Schwachstellen diskutiert", sagte er dem STANDARD.

Die Journalistengewerkschaft akzeptierte auch, dass den beiden Senaten des neuen Presserats Juristen vorstehen. Gewerkschaftschef Franz C. Bauer sieht sie "für die korrekte organisatorische Abwicklung" zuständig. Den Sprecher der Senate wählen die jeweils sechs Journalistinnen und Journalisten in diesen Senaten.

Der Presserat entscheidet im Wesentlichen, ob Zeitungen den Ehrenkodex der österreichischen Presse eingehalten haben. Der verlangt etwa Korrektheit der Recherche und Wiedergabe, Trennung von Nachricht und Meinung, er untersagt Interventionen, Druck, Geschenkannahme, schützt "Rechte und Würde" und Intimsphäre von Beschriebenen.

Befindet ein Senat, dass eine Zeitung oder Zeitschrift den Kodex mit einem Bericht verletzt hat, muss dieses Blatt den Spruch veröffentlichen. Wenn das Medium dem Zeitungs- oder Zeitschriftenverband angehört. Der VÖZ hat Österreich nicht aufgenommen.

Bisher bezieht sich der Presserat nur auf Print, sagt Bauer. Bei der Gründung des Trägervereins werde geklärt, ob er auch Onlinemedien behandelt - "ich bin dafür".

"Architektin" der Einigung nennt Gewerkschafter Paul Vecei Alexandra Föderl-Schmid. Die STANDARD-Chefredakteurin organisierte ab 2007 den neuen Anlauf. (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 11.12.2009)