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Laut Ärzten haben die meisten medizinischen Fehler in OPs organisatorische Ursachen und sind keine Behandlungsfehler.

Foto: APA/Frank May

Wien - Bei rund jeder zehnten Operation geht etwas schief. Diese Zahl der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gilt laut Norbert Pateisky, Abteilungsleiter für Klinisches Risikomanagement an der Universitäts-Frauenklinik in Wien, auch für Österreich. Jüngstes Beispiel: Die Transplantation einer Spenderniere mit Tumor in der Steiermark, die für den Empfänger tödlich endete.

"Bei den meisten Patienten wird das meiste gecheckt", sagt Pateisky - aber es könne noch öfter und mehr sein. Der Großteil der medizinischen Fehler habe organisatorische Ursachen.

Wenn es nach der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und der Österreichischen Plattform Patientensicherheit geht, soll künftig eine von der WHO empfohlene Sicherheits-Checkliste für OPs Fehlern vorbeugen. Eine weltweite WHO-Studie zeigt, dass sich damit mehr als 30 Prozent der Komplikationen, wie Seitenverwechslungen und Infektionen, verhindern lassen und die Zahl der Todesfälle von 1,5 Prozent auf 0,8 Prozent sinkt. Die Plattform Patientensicherheit hat für Österreich die Checkliste adaptiert. Diese ist über ihre Homepage abrufbar.

"Gecheckt wurde auch bisher schon viel, Insellösungen gibt es zahlreiche", etwa das Nachzählen von Tupfern am Ende von OPs, sagt Manfred Zottl, Risikomanager im Krankenhaus Hietzing. Allerdings habe es bisher kein einheitliches System gegeben, das bei jedem Eingriff verwendet und von Einrichtungen adaptiert werden könne.

Die OP-Check-Liste ist in drei Bereiche geteilt: Ein Bereich betrifft die Zeit vor Einleitung des Anästhesieverfahrens. Dabei muss unter anderem die Identität des Patienten, die Operationsart sowie das Equipment überprüft werden. Vor Operationsbeginn ist beispielsweise die Verfügbarkeit von Blutkonserven festzustellen. In Teil drei, vor OP-Ende, ist festzuhalten, welcher Eingriff durchgeführt wurde, ob die Tücher und Instrumente komplett sowie Gewebeproben korrekt beschriftet sind.

"Gurtenmuffel fehl am Platz"

Jetzt müssen die Spitäler die Checkliste noch umsetzen. Risikomanager Zattl spricht sich dabei für eine "gewisse Verbindlichkeit" aus: "Es ist ein wenig wie bei den Sicherheitsgurten im Auto. Gurtenmuffel im OP sind aus meiner Sicht fehl am Platz." Laut Pateisky kämen erfahrene Ärzte gerne mit dem Argument "ich habe noch nie den falschen Patienten operiert", und sperrten sich deshalb gegen solche Maßnahmen - obwohl man selbst beim Einkaufen eine Liste dabei habe. In fünf Jahren, schätzt Pateisky, werde die Akzeptanz solcher Sicherheitslisten kein Thema mehr sein - vor allem durch entsprechende Ausbildung junger Ärzte, und weil auch die WHO dahingehend Druck mache.

Susanne Drapalik, Leiterin der Stabsstelle für Sofortmaßnahmen des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV), sagt, in den KAV-Spitälern seien Maßnahmen zur Vermeidung von Patientenverwechslungen bereits 2007 in einer Rahmenrichtlinie vereinheitlicht worden. Andere Punkte der Checkliste würden routinemäßig überprüft. Sollte es aber darum gehen, international einheitliche Mindeststandards einzuführen, werde der KAV sich dem anschließen.

Derzeit ist der KAV mit der flächendeckenden Einführung des elektronischen Fehlerberichts- und Lernsystems CIRS (Critical Incidents Reporting System) beschäftigt, in das Ärzte ihnen unterlaufene Fehler eintragen können. Das System wurde am 6. November gestartet, seither gab es laut ÖÄK 37 ernstzunehmende Einträge - mehr als man erwartet hatte.

Auch die Kommunikation mit Patienten in österreichischen Spitälern ist laut Plattform Patientensicherheit verbesserungswürdig. Mithilfe einer Broschüre der Harvarder Spitäler soll sich das ändern. Dietmar Erlacher, Leiter des Krebsforums Österreich, meint aus seinen Selbsthilfegruppen zu wissen: "Nicht die Behandlungsfehler sind das größte Problem. Es krankt am Arzt-Patient-Gespräch." (Gudrun Springer, DER STANDARD, Printausgabe, 10.12.2009)