Trattoria del Peso
Via Merlati 36
Belvedere Langhe/Piemont
0039 0173 74 30 09
Menü mit Wein: 30 Euro pro Kopf

Foto: Fidler

Grobe Wurst und feine Nüsse: Damit der Mensch nicht ganz hungrig in die acht, neun Gänge startet.

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Die Paté vom Thunfisch (jetzt Tunfisch, oder?), zwischen die fünf Antipasti eingestreut.

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Und hier die zweite Vorspeise ohne Vorwarnung: "Herbst-Paté" mit den Resten von Kaninchen & Co. Bisschen streng, aber durchaus gerecht.

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Ist das eine Hauptspeise? Zwetschke, süßer Erdäpfelwürfel, zwei Mandeldatschkerl? Kann...

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... nicht sein, sind auch nur die Beilagen zum wirklich wundervollen Lamm, hier die Portion für drei, nach dem einen oder anderen Antipasto und zwei Pastagängen. Wir sagen: keine artgerechte Haltung des Wolltiers, die lustigen Knöpfe!

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Geht auch noch, nach bisschen Käse: Dessert mit Rotweinbirne & Co.

Foto: Fidler

An diesem Sonntag? U-n-m-ö-g-l-i-c-h! Aber wir kommen doch extra aus Wien, und alle anderen Tage unseres viel zu kurzen Aufenthalts sind schon völlig verplant und überreserviert und außerdem geht sich das mit all den Ruhetagen der Lokale hier nicht anders aus und überhaupt wollen wir doch das Sonntagsmenü, von dem wir im Osteriaführer gelesen haben. Frau Schellino spricht eigentlich ausschließlich Italienisch, und ich eigentlich ziemlich gar nicht.

Die kleine Frau Schell

15 Minuten radebrechendes Fidlerflehen am Telefon, da lässt Frau Schellino Gnade walten, obwohl gerade an dem Tag Firmung oder so was ähnliches ist, und ihre Trattoria del Peso t-o-t-a-l ausgebucht ist. Aber sie setzt uns halt wo dazu, wenn wir um Punkt 13 Uhr eintrudeln. Punkt 13 Uhr, verstanden?! Und wenn wir nicht groß widersprechen. Warum sollten wir?

Fette Wurst mit Haselnüssen, bis sich die zwei Dutzend Großfamilien an der Tafel nebenan sortiert haben. Polentina ai Porri, cremigste Lauchpolenta mit viel, viel Öl, das fängt ja gut an. Die Spießchen panierter Garnelen hätte ich nicht unbedingt gebraucht, aber schon okay. Vitello tonnato rustikal, vom Warten etwas schillernd, aber ziemlich gut. Carne Cruda, endlich rohes Fleisch – wo wir doch schon fünf Stunden im Piemont sind.

Barrierefrei völlern

Fonduta, ungewohnt leicht die Käsecreme mit dem würzigen Cotechino. Als wollte Familie Schellino uns den Einstieg in die alljährliche Völlerei barrierefrei gestalten. Wahrscheinlich diente einem ähnlichen Zweck, nur eben psychologisch, dass auf der Menükarte nur fünf Antipasti vermerkt waren.

Ein weiteres streuten die Schellinos quasi nervenschonend eher beiläufig ein – eine wirklich feine Paté vom Thunfisch. Die gewaltigen Rio-Mare-Dosen in Küchengegend erzählen von seiner Herkunft.

Und dann noch eine nicht mehr ganz so beiläufige Herbst-Paté. So nennt sie Frau Schellino, und wenn wir das recht verstanden haben, kommt da so ziemlich alles rein, was von Kaninchen und weitschichtigeren Verwandten so an- oder abfällt. Mir hat's geschmeckt, die werten Mitesser fanden sie etwas streng. Herr Hlavicka fand: ein guter Zeitpunkt, von der weißen Favorita zum roten Dolcetto zu wechseln. Hauswein, quasi.

Zweimal Pasta Minimum

Unter zwei Pasta-Gängen macht man's sonntags in Belvedere Langhe nicht, aber wir gewöhnen uns langsam ein. Risotto mit Pilzen, ein bisschen fad, finde nicht nur ich Risotto-Zweifler. Die Ravioli „del Peso" indes ein würdiger Auftakt für die diesjährigen Faschiertes-in-Teigtaschen-mit-kleinem-Knick(Plin)-mit-Butter-und-Salbei-Festspiele.

Das kann keine Hauptspeise sein

Und dann? Tja, dann rätseln wir erst einmal, ob die vier verschiedenfarbigen Knöpfchen auf unseren Tellern einen eigenen Hauptspeisengang darstellen sollen, oder ob's doch Beilagen sind. Die Menükarte hilft nicht weiter, da stehen der „Piccolo Fritto Dolce" auch eine Zeile vor der „Costina di Agnello". Wir entscheiden: Eine dehydrierte Zwetschke, ein süßer Erdäpfel, zwei süße Mandelknödel, das kann keine Hauptspeise sein.

Das kann aber auch keine Beilage sein, entscheiden wir wenig später, als ein Haufen gar nicht derber, wirklich wunderbarer Lammkoteletts vor uns steht. Herr Hlavicka spricht aus, was wir denken: „Das hat dieses Lamm nicht verdient", diese picksüßen Contorni nämlich, wenn man von der Zwetschke absieht. Wir sind eh nicht so die Beilagenesser.

Eine Großfamilie kommt selten allein

Ein bisschen Tuma aus Murazzano noch, um die Mandelknödel zu neutralisieren, und dann noch eine kleine Dessertvariation, der selbst ich nicht entkomme: Rotweinbirne, sehr gut. Panna Cotta, auch nicht schlecht. Und die Krokant-Krümel hab ich einfach ignoriert.

Dass die Chefin wegen nur einer, wenn auch stattlichen, italienischen Großfamilie schon w.o. gibt, wundert mich nach meinen Erfahrungen in Roddino und Iverno e Monteleone (Ines!), aber nur bis zu unserem Aufbruch. Da seh ich: in mehreren Räumen, auf zwei Etagen toben fröhliche Horden im Sonntagsstaat. Zumindest so fröhlich wie wir.

Ich fürchte, wir haben einen neuen Fixpunkt in unserem Piemont-Programm. Jedenfalls einen ernst zu nehmenden Kandidaten. Der Jahressieger 2009 heißt dennoch anders. Bleiben Sie dran.

Das diesmalige Piemont-Programm in Wort und Bild liefert Herr Hilberg in seinem gnadenlosen Tagebuch hier.