Strache und der Drogenhund: Der FPÖ-Obmann (Mitte) freut sich mit Justizwache-Gewerkschafter Christian Lausch (ganz links) über blaue Wahlerfolge. Mit im Bild: "Brooke", Suchtmittelspürhund außer Dienst.

Foto: FPÖ

Die Polizisten in Wien wählen so, wie sie sich kleiden: Blau. Fast jeder dritte machte sein Kreuz bei der FPÖ-nahen Gewerkschaft. Das trifft sich gut, dient sich die Partei unter Heinz-Christian Strache doch mit "Law and Order" dem Wähler an.

Die FPÖ profitiert doppelt: Sind zu wenig Polizisten auf der Straße, hilft das bei Landtagswahlen. Und die Engpässe bei der Polizei nützen gleichzeitig den blauen Personalvertretern.

FPÖ bedient die Polizei

"Die Leute sind angefressen auf die SPÖ", sagt Albert Schmiedt, blauer Gewerkschafter im Zentralausschuss der Polizei. Der Wiener Polizist bestreitet nicht, dass die Freiheitlichen vor allem bei Berufsgruppen punkten, "wo die Politik versagt". Erst Ende November kam der Beweis bei den Personalvertretungswahlen im öffentlichen Dienst: Fast 20 Prozent der Polizisten in Österreich wählten die blaue "Aktionsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher" (AUF). In Wien war es mit 27,2 Prozent mehr als ein Viertel.

Grundsätzlich gilt ja die SPÖ als die Arbeitnehmer-Partei schlechthin - noch jeder ÖGB-Präsident kam aus der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG). Im öffentlichen Dienst dominiert wiederum die ÖVP. Deren Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) baute bei den Personalvertreter-Wahlen ihre Macht aus. Sie hält jetzt 56 Prozent der Stimmen. Doch in einigen Berufsgruppen heißt es jetzt: Blau ist das neue Rot.

Neugebauer "nur für die Lehrer"

"Es liegt einfach vieles im Argen", meint Schmiedt, der die AUF in Wien anführt. Die SPÖ habe in der Hauptstadt mehr Polizisten versprochen - nichts sei geschehen. Mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) will der blaue Personalvertreter Schmiedt nichts zu tun haben. Das öffentliche Bild der GÖD prägt seit Jahren das ÖVP-Urgestein Fritz Neugebauer mit seinen politischen Gefechten. "Die GÖD legt sich ja nur für die Lehrer ins Zeug", ärgert sich Schmiedt.

Aus diesem Grunde versteht er auch nicht, dass Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) lange Zeit nur plus 0,7 Prozent Lohn versprach. "Das läuft alles unter 'Beamte'. Wir Polizisten sitzen aber nicht am Schreibtisch, unser Job ist es jeden Tag unser Leben zu riskieren", stellt Schmiedt klar. "Haben wir ja in Krems gesehen: Wenn wir in Sekundenbruchteilen eine Entscheidung treffen, dass wir dann vielleicht auch noch kriminalisiert werden."

Denkzettel für Rot

Noch erfolgreicher als bei der Polizei sind die rechten Gewerkschafter in der Justizwache. Die Beamten, die in Österreichs Gefängnissen ihren Dienst versehen, wählten zu 26,7 Prozent blau. "So gewaltig war der Erfolg noch nie", jubelt Christian Lausch. Der FPÖ-Politiker ist AUF-Personalvertreter in der Justizanstalt Josefstadt, Österreichs größtem Gefängnis. Dort erzielte er nun 53 Prozent. "Aus einer roten Anstalt wurde eine blaue Anstalt", sagt Gerhard Puff, stellvertretender Chef der roten Justizwachegewerkschaft, wehmütig.

Lausch zog 2008 für die FPÖ in den Nationalrat ein, seither macht er noch 25 Prozent Dienst. "Wir haben die wenigsten freien Tage, die meisten Überstunden", klagt er. Dass sein Erfolg auch auf den schlechten Arbeitsbedingungen in der Justizanstalt gründet, leugnet er nicht. Ein Thema, mit dem er bei den Kollegen in der Josefstadt punktete: die Erlaubnis von Tasern, die Justizministerin Maria Berger (SPÖ) verbot und Nachfolgerin Claudia Bandion-Ortner wieder zuließ. Der parteifreien Bandion-Ortner wirft Lausch vor, den einzigen Suchtmittelspürhund der Justizwache abgeschafft zu haben. Er berichtet von drogenabhängigen Insassen, die "sehr erfinderisch" seien und nach ihrem Ausgang am Wochenende Tabletten "auf jedem erdenklichen Wege, zum Beispiel anal, in die Anstalt schmuggeln".

Rote Gewerkschafter leiden unter eigener Ministerin

Lausch sagt, er habe schon "als kleiner Beamter" - vor seiner FPÖ-Karriere - gewusst, dass er mit FSG und FCG nichts am Hut habe. Die etablierten Gewerkschaften seien "mit sich selbst beschäftigt. Der Postenschacher blüht, und die Republik wird aufgeteilt zwischen Rot und Schwarz. Das geht hinunter bis zur Justizanstalt."

FSG-Mann Puff will darin "nur polemische Sager des Herrn Lausch" erkennen. Dass die Justizbeamten in den Gefängnissen unter widrigen Bedingungen arbeiten, sieht er jedoch genauso. Erstaunlich: Im Grunde fordert der rote Gewerkschafter dasselbe wie sein FPÖ-Kontrahent: mehr Personal, den Einsatz von Tasern und einen Drogenhund. "Die Frau Berger hat uns seinerzeit nicht unbedingt geholfen, als sie uns die Taser weggenommen hat." Bei der Personalvertretungswahl kam nun die Rechnung. Die Beamten hätten sich gedacht: "Die FSG und die Berger: Rot ist Rot - aus, fertig, die sind nicht mehr wählbar", glaubt Puff. Die allgemeine politische Stimmung habe zusätzlich zur Wahlschlappe beigetragen.

Proteststimme der Justizwache

Ist also das Votum für die freiheitliche AUF eine Proteststimme - nicht wie bei der FPÖ gegen Ausländer oder EU, sondern gegen katastrophale Arbeitsbedingungen? "Ganz sicher", sagt Puff. "Das war keine Stimme gegen die Personalvertreter, sondern vor allem eine gegen das System."

Auch der Politikwissenschaftler Emmerich Tálos kann sich mit diesem Befund anfreunden. "Wenn die Sozialdemokratie verliert - und das tut sie derzeit auf allen Ebenen -, dann an die FPÖ", konstatiert er. Eines findet er dabei erstaunlich: "Die SPÖ kriegt jetzt das Fett dafür weg, was unter Innenministerin Maria Fekter und ihren Vorgängern passiert ist." Die großen Einsparungen in den Bereichen Sicherheit und Justiz hatten ÖVP-geführte Regierungen zu verantworten, erinnert der Politologe. (Lukas Kapeller, derStandard.at, 8.12.2009)