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Liegt die Zukunft des IT-Outsourcings in der Wolke?

Foto: AP Photo/Boris Grdanoski

Cloud Computing ist derzeit das Modewort, wenn es um die Outsourcing-Zukunft von IT-Leistungen geht. Wie jedem neuen Technologietrend begegnen viele auch dem IT-Service aus der Wolke derzeit eher noch vorsichtig und skeptisch. Ergebnisse von Studien, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und unklare Begriffe schaffen zusätzliche Verwirrung.

Virtualisierte Server sind nicht mehr zu greifen

Cloud Computing wird oft mit Software-as-a-Service (SaaS) gleichgesetzt. Es beinhaltet aber auch die beiden anderen Bereiche, die sich as-a-Service - also als Dienstleistung - outsourcen lassen: Infrastructure-as-a-Service (IaaS) und Platform-as-a-Service (PaaS). Damit können alle IT-Dienstleistungen eines Unternehmens extern betrieben werden: die Server-Hardware, die Verbindungen ebenso wie die Anwendungen und das Datenmanagement. Cloud Computing heißt es deswegen, weil die Hard- und Softwareressourcen nicht mehr dezidiert einem Kunden zugeordnet werden können, sondern in einem Netzwerk von virtualisierten Servern wie in einer riesigen Wolke verschwinden. Das kann entweder eine Private Cloud sein, die nur dem Unternehmen zur Verfügung steht, oder eine Public Cloud, die sich mehrere Unternehmen teilen. Private und Public Clouds waren auch ein Thema der Gartner Data Center Conference vergangene Woche in Las Vegas. Die Analysten sehen die Trennung der beiden Wolken nur in der Einstiegsphase. In einigen Jahren würden die Dienste in einer Hybrid Cloud verschmelzen.

Von der Vielfalt der Studien und Statistiken

Die unklare Abgrenzung der Begriffe führt auch zu Umfrageergebnissen, die stark voneinander abweichen. Das Analyse- und Beratungsunternehmen IDC stellte in einer Umfrage fest, dass sich drei Viertel aller IT-Verantwortlichen in Deutschland noch nicht mit diesem Thema beschäftigt hätten. Das Thema sei weder ein aktueller Hype noch eine kommender Umbruch der bestehenden Systeme.

Ganz anders bewertet Dr. Mathias Weber, Bereichsleiter IT-Services beim deutschen Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM), die Situation: „Cloud Computing stellt aus technologischer Sicht das Resultat einer Evolution dar, aber für das Business besitzt diese neue Sourcing-Option die Sprengkraft einer Revolution." Derzeit würden bereits Umsätze im zweistelligen Milliardenbereich mit Cloud Computing erzielt. In den nächsten Jahren sei mit Wachstumsraten über 30 Prozent zu rechnen. Ähnlich euphorische Ergebnisse liefert eine Studie von F5 Networks. Über die Hälfte der befragten Unternehmen in den USA würden demnach Cloud Computing bereits einsetzen. Insgesamt beschäftigten sich mehr als 80 Prozent aktiv mit dem Thema. Die befragten Unternehmen hatten allerdings über 2.500 Mitarbeiter. Firmen dieser Größe - das zeigte auch die IDC-Studie - weisen eine signifikant größere Verbreitung von Cloud Computing auf als KMU.

Als roter Faden zieht sich durch die verschiedenen Studien, dass die meisten IT-Verantwortlichen dem Cloud Computing zwar ein großes Potenzial als zukünftige Lösung einräumen, derzeit überwiegt allerdings die Skepsis. In der Diskussion um Cloud Computing geht es vor allem um mangelnde Praxistauglichkeit, die Schnittstellen zu bestehenden Systemen und die Erfüllung von Compliance-Richtlinien sowie Datenschutzanforderungen.

Software als Dienstleistung

Software nicht mehr lokal auf jedem Rechner im Unternehmen installieren zu müssen, hat auf den ersten Blick einige Vorteile: Mit einem Thin Client kann der Mitarbeiter sowohl vom Büro als auch von zu Hause oder unterwegs auf die Anwendungen zugreifen. Einer BITKOM-Umfrage zufolge, ist die weitreichende Verfügbarkeit von mobilen Endgeräten und breitbandigen drahtlosen Netzverbindungen ein erheblicher Motor für die Einführung von Cloud Computing: Mobilität, für die bisher überwiegend stationär genutzten Anwendungen.
Gleichzeitig ist ein Unternehmen in der Lage, den Pool von Software-Lizenzen flexibel zu gestalten. Lizenzen werden nicht mehr gekauft, sondern gemietet oder geleast und können je nach Bedarf angepasst werden. Dienste sind nur noch dann zu bezahlen, wenn Sie abgerufen werden.

Dreifache Sicherheitsanforderungen

Zwar verlassen auch beim Hardware-Outsourcing die Daten den direkten Einflussbereich der internen IT-Abteilung. Dennoch bedeutet Cloud Computing für viele Unternehmen einen zusätzlichen Schritt in die Unsicherheit. Die Ausfälle der letzten Zeit bei Amazon, Google oder dem Microsoft/Danger Sidekick-Service zeigen, dass die Entwicklung noch am Anfang steht und einiges noch reifen muss.

Für alle drei Ebenen des Cloud Computing gibt es unterschiedliche Sicherheitsanforderungen. Für das Hardware-Outsourcing spielt der Speicherort, also das Land, in dem die Daten gespeichert werden, eine Rolle, um gesetzliche Anforderungen zu erfüllen. Auf Plattform-Ebene muss der administrative Zugriffsschutz gewährleistet sein; die Mitarbeiter des Dienstleisters dürfen nur klar reglementierten Zugriff haben und die verschiedenen Kundenbereiche - besonders in Public Clouds - müssen klar voneinander getrennt sein. Die Verwaltung der Anwenderzugriffe und die Datenverarbeitung ist für den Softwarebereich eine der größten Sicherheitsfragen.

Eine generelle Gefahr ist die Verfügbarkeit und die Datensicherheit im Katastrophenfall. Dabei geht es gar nicht so sehr um die Zerstörung eines Rechenzentrums. Der Ernstfall kann schon dann eintreten, wenn der Outsourcing-Partner Insolvenz anmeldet oder ein Anbieterwechsel ansteht. Dann ist es vorteilhaft, wenn sich die verwendeten Programme und Dateiformate am Standard orientieren, damit die Datenmigration zu einem neuen Anbieter zumindest technisch keine Probleme verursacht.

Aufbruch ins Cloud Computing

Tom Bittman, Analyst bei Gartner, rät zu einem dreistufigen Einstieg. Zunächst sollten die IT-Verantwortlichen die Möglichkeiten des Cloud Computings ausprobieren. In einem zweiten Schritt sollte eine Strategieplanung für Dienstleistungen stattfinden, die auch zusätzliche Möglichkeiten für das Unternehmen durch die neuen Technologien beinhaltet. An dritter Stelle steht dann der Aufbau einer dynamischen Cloud Computing-Organisation. Den Aufwand dafür schätzt Bitmann allerdings als so groß ein, dass ihn kleinere Firmen sich nicht effizient leisten können.

Unternehmen, die in Richtung Cloud Computing unterwegs sind, reisen in guter Gesellschaft: Die US-Regierung unter Barrack Obama hat ein langfristiges Projekt für die IT-Infrastruktur der Behörden und Ministerien des Landes ins Leben gerufen. Vom nächsten Jahr an beginnt die Umstellung vieler Bereiche auf Cloud Computing. (Markus Drenckhan, derStandard.at, 6.12. 2009)