Bild nicht mehr verfügbar.

Auch eine Berlusconi-Puppe in Häftlingsoutfit nahm an der Kundgebung teil.

Foto: APA/EPA/Percossi

Geht es um Silvio Berlusconi, wird in Italien auch die Mathematik zum politischen Streitobjekt. Wo die Veranstalter bei der Großkundgebung gegen den Premier in Rom über eineinhalb Millionen Teilnehmer verzeichneten, wollte die Polizei lediglich 90.000 gesehen haben. Tausenden Demonstranten gelang es im Gedränge nicht, bis zur überfüllten Piazza San Giovanni vorzudringen, auf der die von den Initiatoren gewählte Protestfarbe Violett eindeutig dominierte. Zum ersten Mal in der politischen Geschichte Italiens kamen mehrere hunderttausend Menschen zu einer von Bloggern im Internet organisierten Großveranstaltung.

In der "onda viola", der violetten Welle des "No-Berlusconis-Days", die bei fast frühlingshaftem Wetter durch die Innenstadt zog, sah man auffällig viele junge Teilnehmer, die sich mit der traditionellen Parteienlandschaft nicht identifizieren. Auf Plakaten und Transparenten wurde Berlusconi zum Rücktritt aufgefordert. Als einzige im Parlament vertretene Partei hatte Antonio Di Pietros Italien der Werte zur Teilnahme aufgerufen. Obwohl sich der Partito Democratico gegen die Großkundgebung ausgesprochen hatte, waren etliche Spitzenvertreter der Partei erschienen.

Politiker durften die Tribüne nicht betreten. Zu den Rednern gehörte auch Literatur-Nobelpreisträger Dario Fo. "Wir haben eine große Herausforderung gewonnen", freute sich der Sprecher des "No Berlusconi" -Komitees, Massimo Malerba. "Wir haben bewiesen, dass das Internet die Barriere der öffentlichen und privaten Fernsehanstalten überwinden kann. Wir machen weiter. Doch die Gründung einer Partei interessiert uns nicht." (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 7.12.2009)