Wer heute sagt, dass Buben bessere Mechaniker werden als Mädchen, wird (verbal) abgewatscht. Zu Recht. Ein Arbeitgeber, der nach Geschlecht statt nach Befähigung (nicht) einstellt, bekommt Zores. Darüber, dass das vom Prinzip her in Ordnung ist, herrscht heute gesellschaftlicher Konsens. Auch darüber, dass es wünschenswert ist, Väter früher und intensiver in die Betreuung, Erziehung und Pflege ihrer Kinder einzubeziehen.

Freilich bedeutet das auch, zu signalisieren, dass die Intention ernst gemeint ist: Wer gleiche Pflichten als Selbstverständlichkeit im Alltag leben soll, der muss das gleichberechtigt tun - in jeder Hinsicht. Schon deshalb ist der Straßburger Spruch über väterliche Sorgerechtsansprüche zu begrüßen - ungeachtet aller juristischen oder nationalen Details und Spitzfindigkeiten.

Denn beim Ansuchen um das Sorgerecht zwischen verheirateten und unverheirateten Paaren zu unterscheiden, ist - gelinde gesagt - unzeitgemäß. Es hat mit dem, worum es in allen Anlassfällen zu allererst zu gehen hat - das Wohl des Kindes über den Streit der Eltern zu stellen nämlich -, nichts zu tun. Im Gegenteil: Es verkompliziert, verzögert oder verhindert das Finden der bestmöglichen Lösung in ohnehin schwierigen Lebensphasen von Kindern nur enorm.

Ebenso wie die Usance, dass Mütter von Familienrichtern meist automatisch für den zur Kinderbetreuung fähigeren Elternteil gehalten werden. Das ist zwar oft, aber eben längst nicht immer richtig. Deshalb passt hier neben "Tradition" auch ein anderes Wort: "Diskriminierung".(Thomas Rottenberg/DER STANDARD-Printausgabe, 5./6.12.2009)