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Kofi Annan ist ehemaliger UN-Generalsekretär. Übersetzung: Gertraud Schneider.

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Die Erwartungen für Kopenhagen sind heruntergestuft worden von einem rechtlich bindenden Abkommen zu einer politischen Abmachung. Viele sind verständlicherweise enttäuscht. Aber eine stabile politische Abmachung, unterzeichnet von den Führern dieser Welt, bezeugt von den Völkern dieser Welt, die klare Ziele und einen bindenden Zeitplan festlegt, nach dem diese Ziele umgesetzt werden müssen, wäre ein historischer Erfolg.

So eine Abmachung hat zwei Dinge zu erreichen. Erstens muss sie die Basis für ein weltweites Regelwerk und nachfolgende Übereinkommen liefern, die den globalen Temperaturanstieg auf zwei Grad Celsius begrenzen. Zweitens muss sie Klarheit schaffen über die Aufbringung und das Volumen finanzieller Ressourcen, um die Entwicklungsländer bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Die am wenigsten entwickelten und verletzlichsten Länder brauchen sofortige Hilfe, sowohl um die Klimabelastbarkeit zu stärken als auch um kohlenstoffarme Wachstumsstrategien einzuführen.

Der Einsatz ist enorm. Der nicht wieder gut zu machende Schaden, der jetzt schon unserem Ökosystem, der landwirtschaftlichen Produktivität, den Wäldern und Wassersystemen zugefügt wird, wächst rapide. Die Bedrohung von Gesundheit, Leben und Lebensgrundlagen nimmt zu. Katastrophen kommen immer schneller und in immer größerem Ausmaß.

Trotz überwältigender Beweise für die negativen Auswirkungen wird es nicht leicht werden, ein Klimaschutzabkommen zu erzielen. Es braucht außerordentlichen politischen Mut.
Ein Abkommen, das es bei simpler Rhetorik belässt, wird nicht funktionieren. Das Klima kann nicht auf einem Kontinent "repariert" werden. Klima erkennt nationale Souveränität nicht an. Wir sitzen alle im selben Boot; ein Leck an einem Ende wird uns alle versenken. Das Herzstück des Abkommens muss Klimagerechtigkeit sein. Die Industrienationen tragen eine historische Verantwortung und müssen sich als Erste verpflichten, ehrgeizige Emissionsziele einzuhalten. Die USA haben eine zentrale Position bei einem praktikablen Abkommen.

Die Entwicklungsländer haben ein Recht darauf, ihren Lebensstandard zu verbessern. Aber auch sie haben die Verantwortung, ihre Emissionen bei wachsender Wirtschaft zu reduzieren. Die ärmsten und verwundbarsten Länder sind am stärksten betroffen von einem Problem, das sie nicht verursacht haben. Steigende Temperaturen verschärfen Armut, Hunger und die Anfälligkeit von Menschen für Krankheiten. Sie müssen sofortige Hilfe erhalten, um damit fertig zu werden.
Das Abkommen muss ein Paket von Verpflichtungen beinhalten, ausgerichtet auf die Wissenschaft und die Notwendigkeit, die globalen Emissionen bis 2050 um 50 bis 80 Prozent im Vergleich zu 2000 zu reduzieren.

Das erfordert einen Terminplan für die reicheren Länder, nach dem sie ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren müssen; weiters Maßnahmen der Schwellenländer, die Zunahme des Schadstoffausstoßes zu verlangsamen und so rasch wie möglich zu verringern; und Klarheit über kurzfristige, aber auch langfristige finanzielle und technische Hilfe für die am wenigsten entwickelten Länder.

Werden wir das erreichen? Die Ziele, die von vielen industrialisierten Ländern wie der EU, Japan und Norwegen vorgelegt worden sind, sind ermutigend, wie auch die Vorhaben der großen Schwellenländer wie Brasilien, China, Indien und Indonesien. Die jüngsten Ankündigungen der USA in Bezug auf Emissionsziele stellen einen Wendepunkt in der amerikanischen Politik dar. Auch die Vorschläge, wie man die am wenigsten entwickelten Länder unterstützen könnte, sind willkommen.

Aber eine viel detailliertere Festlegung bei den Finanzen ist notwendig. Bestehende Verpflichtungen der Entwicklungszusammenarbeit müssen eingehalten werden. Und zusätzliche Mittel müssen aufgebracht werden, um diesen Ländern zu helfen, die Kosten des Klimawandels zu tragen. Ein Abkommen, das in Bezug auf die Finanzen nicht eindeutig ist, ist weder brauchbar noch für die Entwicklungsländer akzeptabel. Es wird nicht leicht sein, die zusätzlichen Mittel aufzubringen, vor allem bei der jetzigen Wirtschaftslage. Aber es ist unerlässlich. (DER STANDARD/Printausgabe, 5.12.2009)