STANDARD: Was erwarten Sie sich von der Klimakonferenz in Kopenhagen?

Lomborg: Sehr wenig. Wir werden eine Menge hübscher Versprechungen zu hören bekommen, aber das hatten wir schon zweimal: in Rio 1992 und in Kioto 1997, und keines dieser Treffen führte zu Verringerungen bei den C02-Emissionen, wir haben im Gegenteil einen rascheren Anstieg der Emissionen beobachten können.

STANDARD: Glauben Sie, dass die _Klimafrage eine Art Hype ist, um der Industrie mehr Profit zu verschaffen - Stichwort "Katastrophen-Kapitalismus"?

Lomborg: Ich möchte das als zwei getrennte Fragen behandeln: Ich glaube tatsächlich, dass die Klimasache eine Art Hype ist, aber das heißt nicht, dass es kein Problem ist. Die Erderwärmung ist Tatsache, sie ist ein Problem. Aber die Art, wie sie oft präsentiert wird - als Ende der Welt oder als Ende der Zivilisation - ist sowohl unwahr als auch nicht hilfreich. Das ist deswegen nicht hilfreich, weil es uns dazu bringt, uns mit unrealistischen politischen Versprechungen zu befassen.Und zur Frage des Profits für die Industrie: Das ist natürlich ein Teil der Erklärung. Mein eigenes Land ist sehr groß im Verkaufen von Windkraftwerken. Vestas ist einer der größten Produzenten der Welt, und sie unterstützen ein Programm auf CNN, das "Planet in Peril" heißt.

STANDARD: Was sagen Sie zu Initiativen wie jener der dänischen Regierung, die Insel Samsö zu einer CO2-neutralen Gemeinde zu machen? Ist "Small is beautiful" sinnvoll?

Lomborg: Ich denke, es ist interessant und es wichtig, dass wir verschiedene Möglichkeiten ausprobieren. Bedenken Sie, dass Samsö massive Subventionen erhält. Mein Ansatz ist der gleiche wie der von weltweit führenden Wirtschaftsexperten: Grüne Energie billiger zu machen, indem wir viel, viel mehr für die Erforschung und Entwicklung grüner Energietechnologie ausgeben. Diese Wirtschaftswissenschafter sagen, jedes Land der Erde sollte 0,2 Prozent des BIP für F&E im Bereich grüne Energietechnologie investieren.

STANDARD: Sehen Sie einen realistischen Weg, die Weltmeinung in diese Richtung zu ändern?

Lomborg: Es gibt eine echte Chance, dass die Menschen erkennen, dass Kopenhagen ein Reinfall war. Dann können wir zu einem intelligenteren Ansatz finden. Wir haben 20 Jahre lang eine Strategie verfolgt, die gescheitert ist. 1992 hat man versprochen, die CO2-Emissionen zu senken und es nicht getan, 1997 in Kioto hat man versprochen, die CO2-Emissionen noch stärker zu senken - und hat das noch weniger getan. Die Politiker werden den Misserfolg schönreden.

STANDARD: Sind Sie Optimist?

Lomborg: Nicht ganz. Ich will einen realistischen Ansatz. Für mich ist es wichtig zu verstehen, dass die Lage gegen Ende des Jahrhunderts viel besser sein wird. Glaubt man den Prognosen des Weltklimarats, dann wird der Durchschnittsmensch in Entwicklungsländern am Ende des Jahrhunderts 35-mal reicher sein als heute. Die Prognosen über die Erderwärmung lassen auf einen Rückgang von drei Prozent des BIP gegen Ende des Jahrhunderts schließen. Wenn wir davon ausgehen, dass die Erderwärmung für die Entwicklungsländer ein dreiprozentiges Problem ist, können wir auch davon ausgehen, dass sie in 100 Jahren um 3500 Prozent besser dastehen als jetzt. (DER STANDARD/ 5. 12. 2009)