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Der Mann aus dem Eis: Klimaschützer ließen ein Bildnis von Silvio Berlusconi aus einem Eisklotz schnitzen. Italiens Premier hat allerdings derzeit mehr Probleme mit der Justiz als mit Klimaaktivisten.

Foto: AP/Tarantino

Am Samstag, findet eine Großkundgebung gegen den Premier in Rom statt.

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Gigantisches Medieninteresse für einen vielfachen Mörder. Hunderte Journalisten und Fernsehteams aus aller Welt drängten sich am Freitag vor dem Gerichtsgebäude in Turin an den Sicherheitsschleusen und Absperrungen.

Das Interesse für den reuigen Mafioso Gaspare Spatuzza, der im Gefängnis Theologie studiert, galt einer brisanten Enthüllung des hinter einer spanischen Wand verborgenen Sizilianers, der nur für die Richter sichtbar war: Er beschuldigt Premier Silvio Berlusconi der Zusammenarbeit mit der Cosa Nostra. Für Spatuzzas Verhör war der Prozess gegen den Berlusconi-Intimus Marcello Dell'Utri aus Sicherheitsgründen von Palermo nach Turin verlegt worden. Senator Dell'Utri, der als eigentlicher Begründer von Berlusconis ehemaliger Partei Forza Italia gilt, war in erster Instanz wegen Zusammenarbeit mit der Mafia bereits zu neun Jahren Haft verurteilt worden.

Dell'Utris Strafverteidiger versuchten zunächst, das Verhör durch Verfahrensfragen und Einsprüche zu verzögern. Der bereits wegen Steuerbetrugs rechtskräftig verurteilte Senator warf Spatuzza vor, "die Regierung Berlusconi durch infame Lügen stürzen zu wollen." Das Gericht lehnte alle Einsprüche ab.

Spatuzza, der viele Jahre für die Mafiabosse Giuseppe und Filippo Graviano tätig war, berichtete im Verhör, einer der beiden habe ihm gegenüber höchst zufrieden über eine Begegnung mit Berlusconi und Dell'Utri gesprochen. In Mailand habe ihm Giuseppe Graviano 1994 von dem Treffen erzählt und versichert: "Jetzt haben wir das Land in der Hand."

"Verrückte Anschuldigungen"

Berlusconi selbst sprach zum Auftakt des Ministerrats von "verrückten und völlig lächerlichen Anschuldigungen, denen kein Mensch Glauben schenkt" . Kein Regierungschef vor ihm habe die Mafia so erfolgreich bekämpft wie er. Dell'Utri erklärte, die Brüder Graviano gar nicht zu kennen.

Am heutigen Samstag steht Italiens Premier erneut im Mittelpunkt medialen Interesses. Zu einer Großkundgebung vor der römischen Lateranbasilika werden bis zu 400.000 Menschen aus ganz Italien erwartet. Der "No Berlusconi Day" stellt ein Novum in der politischen Geschichte des Landes dar. Die Kundgebung wurde von Bloggern im Internet ohne Zutun politischer Parteien organisiert. "Es ist eine Initiative der Zivilgesellschaft" , versichert die 30-jährige Römerin Sara De Santis, die zu den Initiatoren gehört. "Wir wollen für eine fröhliche Stimmung ohne die in Italien übliche Kultur des politischen Hasses sorgen."

Wegen des großen Zuspruchs musste die Kundgebung von der Piazza del Popolo auf die wesentlich größere Piazza San Giovanni verlegt werden. Geplant sind Ansprachen des Literatur-Nobelpreisträgers Dario Fo, des Verfassungsrechtlers Domenico Gallo und von Salvatore Borsellino, Sohn des 1992 von der Mafia ermordeten Staatsanwalts Paolo Borsellino. Politikern ist das Betreten der Rednerbühne untersagt. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 5.12.2009)