Das Augustiner-Chorherren-Stift Klosterneuburg. Dort wird eine Bio-Landwirtschaft betrieben, und es werden Obstsäfte und Wein erzeugt. Ab jetzt klimaneutral.

Foto: Stift Klosterneuburg

Klosterneuburg - Das Weingut Stift Klosterneuburg gehört ab sofort zu den Braven, hochoffiziell mit Brief und Siegel. Waren es bisher nur einzelne Weine wie der "Oxhoft 2006" der Purbacher Winzerin Birgit Braunstein, die sich "klimaneutral" nennen durften, so ist das Chorherrenstift westlich von Wien das erste Weingut Österreichs, dessen CO2-Rucksack in seiner Gesamtheit errechnet und neutralisiert wurde: Sowohl bei der Obstsaftproduktion wie auch bei der Weinerzeugung wurden zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um Emissionsausstoß und Energieverbrauch auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Der Rest wird durch den Kauf von Klimazertifikaten ausgeglichen, mit denen nicht gehandelt, sondern durch die die Differenz an CO2 andernorts dauerhaft stillgelegt wird.

Zu Beginn wurde ein "minutiöser Status quo erhoben, bei dem jeder Papierausdruck ebenso berücksichtigt wurde wie die Art und Weise, wie die Saisonarbeiter zur Erntezeit in den Weingarten kommen", erklärt Wolfgang Hamm, Geschäftsführer des Weinguts. Auch die Aktivitäten des Managements, sämtliche Reisen zu Messen und anderen Veranstaltungen wurden auf Notwendigkeit durchleuchtet. Auf dieser Basis wurde festgestellt, wo man einsparen kann.
Die größten Emissionen in der Weinproduktion, die mit anderen Bereichen der Landwirtschaft übrigens nicht zu vergleichen ist, entstehen beim Transport, im Zuge des Pflanzenschutzes im Frühjahr und im Herbst während der Weinbereitung.

CO2-Emissionen verursachen sämtliche Fahrten, bis die Flasche im Regal liegt, auch Spritzmittel und deren Erzeugung. Als problematisch erwies sich dabei auch, dass das Stift biologische Methoden bei der Bewirtschaftung einsetzt. "Spritz-Touren" fallen viel häufiger an, da die natürlichen Pflanzenschutzpräparate öfter ausgebracht werden müssen als systemische Mittel. Eine Lösung dafür ist, Arbeiten sinnvoll zusammenzulegen wie zum Beispiel das Entblättern der Rebstockstämme und das Mulchen des Weingartens. Eine Emissionsquelle im Herbst ist das Kühlen des Gebäudes einerseits und der Weintanks andererseits. Hilfreich ist, wenn das Gebäude, in dem der Wein bereitet wird, über eine natürliche Kühlung verfügt, weil es in die Erde hineingebaut wurde. Das ist oft bei älteren, "historischen" Gebäuden der Fall. Für die Tanks wurden Wärmerückgewinnungsanlagen installiert.

Hamm initiierte das Projekt, weil er noch vor seiner Zeit als Geschäftsführer des Stifts-Weingutes mit Auswirkungen von Klimaveränderungen in Australien konfrontiert wurde, die er als "dramatisch" beschreibt: Pflanzen seien verdorrt, Tiere verendet und das alles in einer Landwirtschaft in der westlichen Welt, der sämtliche technologischen und wissenschaftlichen Möglichkeiten zur Verfügung stünden, um bestmöglich über die Runden zu kommen. Einen weiteren Ausschlag gab jüngst ein Aufenthalt in Neuseeland, wo man wegen des Ozonlochs generell eine hohe Sensibilität gegenüber Klimaveränderungen entwickelt hat.

Langfristige Einsparungen

Beraten wurde das Stift von der Österreich-Tochter der Organisation ClimatePartner, die auch in Italien, der Schweiz, in Griechenland und in Kalifornien aktiv ist. Sie ist spezialisiert darauf, einzelne Produkte, Unternehmen oder auch Großevents wie die Fußballeuropameisterschaft 2008 klimaneutral zu gestalten.

Die Kosten seien zu Beginn "nicht gering" und würden dadurch abgemildert, dass im Stift einige "Vorarbeiten" geleistet wurden - wie etwa eine Biomasseheizung, die seit 2005 läuft und noch ohne Klimaneutralitätsabsichten installiert wurde. Rechnen würden sich viele Investitionen vor allem auf „sehr lange" Sicht, da der Energieverbrauch generell zurückgehe, zum Beispiel durch die in allen Toiletteanlagen installierten Bewegungsmelder. Die Klimaneutralität sei "auch ein ewiges Weiterdenken", so Hamm.

Ob der Wein nun anders oder besser schmecke, möchte Hamm erst in fünf Jahren beurteilen. Deklariert wird die Klimaneutralität „natürlich" durch ein Label auf dem Rückenetikett. "Je intensiver man sich mit den Vorgängen auseinandersetzt, umso weiter bringt es einen. Der eine oder andere Nebeneffekt in puncto Qualität fällt dabei sicher auch ab." (Luzia Schrampf, DER STANDARD/Printausgabe, 5.12.2009)