Man hat ja schon vieles gesehen, aber eine der vielen Nebenwelten im Fernsehuniversum erschließt sich offenbar nur einem ausgewählten Publikum: Pokerspielern beim Pokerspielen im Fernsehen zuzuschauen.

Dabei scheint es gerade groß in Mode zu sein. Der ORF stellt damit gegenwärtig unter Beweis, wie herzlich egal ihm ab einer gewissen Uhrzeit sein öffentlich-rechtlicher Programmauftrag ist. Auf Tisch 8 zocken mittwochs nach Mitternacht Kandidaten um den Aufstieg "direkt ins Finale, wo sie um den Hauptpreis, den Starplatz bei der Poker-WM in Las Vegas, spielen." Dass die Lust am Spielen zur Sucht werden kann, wischt man leicht weg, wenn man nur das richtige Pokerface aufsetzt. 

Gut, jetzt kann man sagen: Um diese Uhrzeit schaut eh keiner, und der ORF soll auch ein bisserl Geld verdienen dürfen - und es stimmt ja auch: 40.000 Zuschauer waren zuletzt dabei - das ist schon weit unter der Wahrnehmbarkeitsgrenze.
Zumindest einen hat der ORF aber schon angefixt: "Puls 4 und das Concord Card Casino" springen flink auf den Zockerzug auf und fuhren Richtung Osten. Dort suchen sie "Österreichs beste Pokerspielerin und bitten erstmalig alle Burgenländerinnen an den Pokertisch." Im Internet kann man "einen exklusiven Blick hinter die Kulissen der spannenden Qualifikationsturniere in den einzelnen Bundesländern sowie beim großen Finale in Wien im Dezember 2009." 

Wir von der TV-Tagebuch-Kommission für unverdorbene Fernsehkost fordern: Weg mit der Pokerfarce und her mit den guten alten Wiederholungen: Was wäre etwa mit Denver Clan, wie das so schön bei Timm läuft. Und wenn gar nichts bleibt: Testbild! (Doris Priesching, DER STANDARD, Printausgabe, 5./6.12.2009)