Brüssel - Der SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Brüssel - Jörg Leichtfried, wird "auf jeden Fall" gegen das Interims-Datenaustauschabkommen mit den USA (SWIFT) stimmen. Der Beschluss der EU-Innenminister für das SWIFT-Abkommen sei "ein schwerer Fehler" gewesen.

Der SPÖ-Politiker machte mehrere Gründe geltend. "Wozu muss Amerika den Zugriff auf Daten haben, wieviel die Oma für ihr Enkerl in Österreich spart. Das ist überzogen. Das steht mit dem tatsächlichen Sicherheitsgewinn in keinerlei Relation", sagte Leichtfried zu dem Abkommen, das der Terrorbekämpfung dienen soll. Was das Abstimmungsverhalten der österreichischen Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) betrifft, sagte Leichtfried, "meines Erachtens sind die, die sich enthalten haben, nicht die großen Helden, sondern mitgeschwommen".

Kritik übte er auch daran, dass "bisher noch nicht einmal geklärt ist, ob die Kommission oder der Rat dem Parlament das Abkommen zur Verfügung stellen muss". Für die Zukunft gelte es jedenfalls dafür Sorge zu tragen, dass nach den neun Monate, die das Übergangsabkomemn gelte, die neu auszuverhandelnde Vereinbarung "inhaltlich sehr massiv geändert werden muss".

Bandion-Ortner: Enthaltung "vertretbar"

Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hat die Enthaltung als "vertretbar" bezeichnet. Beim EU-Justizministerrat am Dienstag in Brüssel zeigte sich Bandion-Ortner zwar nicht glücklich über den tags zuvor erfolgten Beschluss für ein Übergangsabkommen, doch sei es nur für neun Monate gültig und "dann wird die Diskussion neu entflammen".

Generell gehe es um eine "Gratwanderung zwischen Persönlichkeitsschutz, Datenschutz und effizienter Strafverfolgung". Beim Thema Bankgeheimnis sei man "zurecht" sehr vorsichtig, was sensible Daten betrifft. Angesprochen darauf, ob man beim Datenschutz über Bankinformationen zwischen der EU und den USA nicht vorsichtig genug gewesen sei, sagte Bandion-Ortner, die Problematik sei vielleicht nicht so genau erkannt worden.

Befragt, ob die EU-Kommission die Verantwortung trage, winkte die Ministerin ab. "Man kann die Schuld nicht allein bei der Kommission sehen, ganz ehrlich. Ich glaube, es gibt mehrere, die Schuld an der ganzen Geschichte haben."

Strasser: "Mehr als unfreundlicher Akt"

Der ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, Ernst Strasser, hat den Beschluss scharf kritisiert. Der Beschluss "fünf Stunden vor dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags", mit dem das Europaparlament ein Mitspracherecht in dieser Angelegenheit bekommt, sei ein "mehr als unfreundlicher Akt" gewesen, sagte Strasser am Dienstag in Brüssel.

Angesprochen darauf, dass Österreich mit Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) durch den Beschluss durch ein Veto hätte verhindern können, nahm Strasser seine Parteikollegin in Schutz. "Österreich und Deutschland haben hier Haltung bewiesen."

Die beiden Staaten hatten ebenso wie Ungarn und Griechenland zwar nicht gegen das SWIFT-Abkommen votiert, aber sich der Stimme enthalten. Strasser erklärte, wenn man vor allem die Vorbehalte von Österreich und Deutschland für das Übergangsabkommen lese, seien darin die zentralen Kritikpunkte betreffend Datenschutz vorhanden. Im Innenausschuss des Europaparlaments am Mittwoch werde er zum Thema SWIFT verlangen, dass die Rechtsabteilung mit der Sache befasst werde. Der Ministerrat habe das Abkommen zwar signiert, aber nicht abgeschlossen. "Das heißt, dass dem Parlament der gesamte SWIFT-Vertrag vorgelegt wird, vermutlich offiziell morgen, aber dass wir keine inhaltlichen Änderungen mehr vornehmen können, sondern nur mehr sagen Ja oder Nein."

Abstimmung im EU-Parlament offen

Auf die Frage, wann das EU-Parlament darüber abstimmen werde, sagte Strasser, dies sei offen. "Aber wir wollen wissen, wie die rechtliche Position des EU-Parlaments hier im Detail in dieser Übergangsphase ist", so Strasser. "Da möchte ich eine detaillierte rechtliche Würdigung durch den Rechtsdienst des Parlaments haben und außerdem wissen, welche Alternativen offen stehen. Ich möchte nicht ausschließen, dass es hier auch den Gang zum EuGH gibt."

Nach erster Durchsicht des SWIFT-Textes "muss man sagen, dass den datenschutzrechtlichen Bedenken nicht ausreichend Rechnung getragen worden ist. Und es wurde hinsichtlich des Rechtsschutzes der Betroffenen keine adäquate Lösungsmöglichkeit gefunden, die auch die Rechtsdurchsetzung in den USA gewährleistet", sagte Strasser. (APA)