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Blau glasierte Kürbiskerne dürfen nicht unter dem Namen "Styriagra" vertrieben werben - auch nicht als Markenparodie.

Foto: APA/Cescutti

Mit dem verschreibungspflichtigen Medikament Viagra zur Behandlung erektiler Dysfunktion hat sich der US-Pharmariese Pfizer bedeutende Marktanteile in den USA und Europa gesichert. Viagra ist charakteristisch blau gefärbt und wird auch als "die blaue Pille" bezeichnet. Dem interessierten Publikum ist das Mittel in hohem Maße bekannt.

Auf die natürliche Kraft steirischer Kürbiskerne zur Behandlung erektiler Dysfunktion wollte hingegen ein steirischer Unternehmer setzen. In seinem Geschäft in der Weststeiermark wurden mit blauem Zuckerguss überzogene Kürbiskerne unter der Bezeichnung "Styriagra" angeboten. Absicht war es, das steirische Wundermittel auch mittels Onlineshop europaweit zu vertreiben. Laut Website des Unternehmers wird der "Kürbismedizin" gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt. In der Volksmedizin seien Kürbiskerne als wirksames Mittel bei Harnwegserkrankungen bekannt. Kürbiskernen werde auch eine luststeigernde Wirkung nachgesagt.

Die Ähnlichkeit der beiden Marken, die blaue Farbe der beiden Mittel und das gemeinsame Zielpublikum waren Pfizer offenbar zu viel. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes hat der Konzern beim Obersten Gerichtshof mit einer Unterlassungsklage auch Erfolg gehabt. Laut OGH-Entscheidung 17Ob15/09v vom 22.9. 2009 versteht der Durchschnittsverbraucher ohne jeden Zweifel "Styriagra" als Anspielung auf "Viagra". Eine bekannte Marke ist nach Art.5 Abs.2 Marken-RL gegen eine unlautere Beeinträchtigung oder Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung geschützt. Bei Verwendung eines identischen oder ähnlichen Zeichens einer bekannten Marke liegt eine Rufausnutzung nahe, und es sind unlautere Motive zu vermuten.

Ausnutzung der Marke

Verwendet ein Dritter die bekannte Marke, um dadurch das Interesse des Publikums auf sein Produkt zu lenken, so profitiert er von der Bekanntheit dieser Marke, ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen. Er hängt sich an die Bekanntheit der fremden Marke an, um den Absatz seiner eigenen Waren oder Dienstleistungen zu fördern. Im vorliegenden Fall besteht laut OGH kein Zweifel, dass der Beklagte die hohe Bekanntheit der Marke Viagra ausnutzen wollte, um Interesse auf sein eigenes Produkt zu lenken.

Auch die Rechtsprechung über zulässige Markenparodien hat dem steirischen Unternehmer nicht geholfen. Diese Rechtsprechung ist deutschen Gerichten zu verdanken, die 2005 den Vertrieb von lila gehaltenen Postkarten mit dem Text "Über allen Wipfeln ist Ruh, irgendwo blökt eine Kuh. Muh! Rainer Maria Milka" mit dem Argument der verfassungsrechtlich geschützten Kunstfreiheit, die Markenparodien erlaube, zuließen.

Der OGH billigt zwar grundsätzlich diese Rechtsprechung, die eine Abwägung von Kunst- respektive Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und Markenrecht andererseits erfordert. Im dem entschiedenen Rechtsstreit könne man die Bezeichnung "Styriagra" zwar auch als humorvolle Anspielung auf Viagra verstehen, aber nicht als Ausdruck künstlerischen Schaffens. Zudem stünden de kommerziellen Motive eindeutig im Vordergrund, urteilte der OGH. (red, DER STANDARD, Printausgabe, 2.12.2009)