Bild nicht mehr verfügbar.

Beim Weihnachtsgeschäft zählen die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers mehr als die Belästigung der Mitarbeiter durch Dauerlärm. Die einzige Hoffnung: Weihnachten geht vorüber.

Foto: Reuters/Wolfgang Rattay

So qualvoll es für Mitarbeiter in Kaufhäusern auch sein mag, den ganzen Tag über Weihnachtslieder zu hören, das Arbeitsrecht bietet hier keine Abhilfe. Bis zu einer Lautstärke von 65 Dezibel bleibt die Dauerbeschallung erlaubt.

Advent- und Weihnachtslieder heimischer und angloamerikanischer Provenienz begleiten jeden, der im Advent ein Kaufhaus betritt. Zusammen mit entsprechender Dekoration sollen die Lieder jene Stimmung erzeugen, die den Absatz im so wichtigen Weihnachtsgeschäft in die Höhe treibt.

Anders als die Kunden, die der adventlichen Geräuschkulisse wieder entfliehen können, umtönen die Verkäuferinnen und Verkäufer die gleichen Jubellieder aus der Retorte immer wieder, ohne dass sie ihnen entkommen könnten. Oder bietet das Arbeitsrecht hier ein Schlupfloch?

Mangels eigener Regelung oder gar gerichtlicher Entscheidungen ist die Antwort durch Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen zu gewinnen, die das Arbeitsverhältnis regeln. Hier ist zunächst an die sogenannte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zu denken, die ihn verpflichtet, die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer derart zu gestalten, dass das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer geschützt und auch deren Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben.

Die Fürsorgepflicht wird durch die verschiedenen Arbeitnehmerschutzvorschriften konkretisiert. Das Arbeitnehmerschutzgesetz und die dazu ergangenen Verordnungen schützen die Arbeitnehmer vor Belastungen durch Lärm am Arbeitsplatz.

In Räumen, in denen überwiegend geistige Tätigkeiten ausgeführt werden, gelten Lärmgrenzen von 50 dB; in Räumen, in denen einfache Bürotätigkeiten oder vergleichbare Tätigkeiten ausgeführt werden, erhöht sich der Grenzwert auf 65 dB. In einem Kaufhaus wären daher letztere Grenzwerte heranzuziehen und auch vom Arbeitgeber einzuhalten. Dass das Abspielen von Weihnachtsmusik über diese genannten Lärmgrenzen hinausgeht, ist in einem Kaufhaus allerdings nicht zu erwarten.

Der Einwand liegt nahe, dass nicht die Lautstärke, sondern die stete Wiederholung der eigentliche Grund ist, dass die permanente Beschallung als störend empfunden wird. Allerdings ist hier die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegen die Pflicht des Arbeitnehmers abzuwägen, die wirtschaftlichen Interessen seines Arbeitgebers möglichst zu wahren und zu fördern. Diese stehen angesichts der Bedeutung des Weihnachtsgeschäfts für den Einzelhandel klar im Vordergrund. So lästig sich wiederholende Jingle Bells und Last Christmas auch sein mögen – den Verkäuferinnen und Verkäufern bleibt die Gewissheit, dass dies mit Weihnachten ein Ende haben wird. (Kurt Wratzfeld, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.12.2009)