Ein Parteiobmann unter verärgerten Bürgern: Im Mai wurde in Wien gegen den Ausbau eines islamischen Zentrums marschiert.

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Für Heinz-Christian Strache ist das Schweizer Abstimmungsergebnis vor allem eines:"Ein Zeichen gegen den radikalen Islamismus", wie er am Sonntag in einer Presseaussendung bekannt gab. Ein Minarett-Verbot habe "auch in Österreich Vorbildwirkung" , man könne die Bevölkerung nicht ignorieren, "wie dies etwa in Wien mit dem Ausbau des islamischen Zentrums in der Brigittenau geschehe" . Was der FPÖ-Bundesparteiobmann wohlweislich nicht erwähnt: Bei dem geplanten Ausbau des seit 1996 bestehenden islamischen Zentrums war nie von der Errichtung eines Minaretts die Rede - es soll lediglich um drei Stockwerke erhöht werden.

Ein Beispiel, dass in Österreich die Angst vor den nadelförmigen "Leuchttürmen" (siehe Wissen rechts) vor allem parteipolitisch ausgenutzt wird und weniger mit der Realität zu tun hat.

Wie auch in Kärnten. Dort hat die Landesregierung im Februar 2008 mit orange-schwarzer Mehrheit das Ortsbildpflegegesetz geändert. Um, wie Straches Vorbild Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ) damals sagte, "ein Zeichen" zu setzen. Gegen das "Vordringen des Islam" .

Allerdings: In der Gesetzesänderung fanden sich nirgends die Wörter "Moschee" oder "Minarett" - es ging lediglich um ein eigenes Verfahren "für Sonderbauwerke" . Dass es bis dahin und auch seitdem keinen einzigen Antrag auf den Bau eines Minaretts gegeben hatte, spielte offenbar keine Rolle.

Dass die aktuelle welt- und innenpolitische Lage wichtiger ist als das Bauwerk an sich, zeigt sich auch in Wien. Im Bezirk Floridsdorf steht ein 32 Meter hohes Minarett - dass vor 30 Jahren gebaut worden ist, übrigens von Baumeister Richard Lugner. Großartige Proteste gab es damals nicht.

Im Jahr 2006 war die Lage schon ganz anders. Damals wurde in der 15.000-Einwohner Gemeinde Telfs in Tirol, wo knapp 17 Prozent der Einwohner Muslime sind, eine Moschee eröffnet - mit einem 15 Meter hohen Minarett. Rund um den Bau hatte es jahrelange Diskussionen gegeben - auch bei der Gemeinderatswahl 2010 wird der Turm wohl bestimmend bleiben.

Doch nicht nur in Österreich und der Schweiz empfinden Teile der Bevölkerung die Türme als Zumutung. Auch in Deutschland, wo proportional bedeutend mehr Minarette als in den beiden Nachbarstaaten stehen, empören sich manche Bürger. Rechtsradikale mobilisierten etwa gegen die Moschee in Köln, die zwei 55 Meter hohe Minarette bekommen soll (zum Vergleich: Der Kölner Dom ist 157 Meter hoch). Dennoch wurde Anfang November der Grundstein gelegt.

Andernorts erlebt man übrigens Überraschungen. Die 2008 eröffnete Moschee in Duisburg (Minaretthöhe: 34 Meter) haben in den ersten vier Monaten 40.000 Nichtmuslime besichtigt. (Michael Möseneder/DER STANDARD, Printausgabe, 30.11.2009)