Jahr für Jahr haben die Streitkräfte etwa 20.000 Stellen für Berufssoldaten neu zu besetzen - ein Großteil davon geht an Ostdeutsche. Das berichtet "Die Zeit" in ihrer aktuellen Ausgabe. Schleichend habe sich in den vergangenen 20 Jahren ein Prozess vollzogen, den Michael Wolffsohn, Historiker an der Bundeswehr-Uni in München, laut Zeit als "Ossifizierung" bezeichnet: Ein Drittel der Armeeangehörigen stammt heute aus den neuen Ländern - wo lediglich ein Fünftel der deutschen Gesamtbevölkerung lebt. "Die Streitkräfte werden nicht nach Proporz zusammengesetzt", zitiert das Hamburger Wochenblatt einen Sprecher des Verteidigungsministeriums. "Jeder darf sich bewerben."

Zu verdanken seien diese Informaitonen Peter Hettlich, der bis September für die Bündnisgrünen im Bundestag gesessen ist. Hettlich diente einst selbst als Zeitsoldat, in seiner Fraktion war er Sprecher für den Aufbau Ost. Bei einem Truppenbesuch vor Jahren sei ihm aufgefallen, wie viele Leute in der Kaserne sächsisch sprachen. Als er daraufhin im Verteidigungsministerium nachgefragt habe, habe es ein halbes Dutzend Anläufe gebraucht, bis er dem Staatssekretär "peu à peu die Zahlen aus der Nase gezogen" hätte.

Ossis in allen Gruppen

Das Ost-Übergewicht zeigt sich demnach in allen Rekrutengruppen: Weil sich in den neuen Ländern nur relativ wenige junge Männer für den Zivildienst entschieden, landeten die meisten von ihnen bei der Bundeswehr. Unter den Wehrdienstleistenden, die freiwillig länger dienen und somit auch zu Auslandseinsätzen mitgenommen werden dürfen, stellten Ostler sogar mehr als die Hälfte. Für jeden Tag in Afghanistan gibt es 110 Euro "Auslandsverwendungszuschlag". Über den viermonatigen Einsatz gerechnet, sind das gut 13.000 Euro – zusätzlich zum Grundsold.

Anfang Juli habe Peter Hettlich schließlich eine Tabelle in die Hand gedrückt bekommen, in der die Herkunft der 6400 Soldaten aufgeschlüsselt gewesen sei, die derzeit etwa im Kosovo oder in Afghanistan Dienst leisten: Fast 50 Prozent von ihnen stammten dbei aus dem Osten. "Vor allem in den sozial niederen Stufen sind Ostler überrepräsentiert", sagt Hettlich zur "Zeit". Während keiner der Generale oder Admirale aus den neuen Ländern stammte - und nur knapp 17 Prozent der Stabsoffiziere -, seien unter den einfachen Mannschaften die Ostmänner mit 62 Prozent weit in der Mehrheit. Die Zahlen seien offenbar kein Ausreißer: In den Vorjahren, so das Ministerium, sei der Ostanteil nur etwas niedriger gewesen, so das Blatt weiter. (red, derStandard.at, 27.11.2009)