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Nur wenige Studierenden nutzten im Mai das E-Voting-System. Nun soll die Wahl wegen fehlerhaftem Online-Stimmzettel an der Uni Wien wiederholt werden.

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Das Problemkind: Der E-Voting-Stimmzettel ohne Kurzbezeichnung und mit mangelhaftem Listennamen.

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Wien - Die Wahlen zur Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) an der Universität Wien vom vergangenen Mai müssen wahrscheinlich wiederholt werden. Die Bundeswahlkommission hat die Wahlen aufgehoben, einen offiziellen Bescheid gibt es aber noch nicht. 

Die für Freitag anberaumte Sitzung der Bundeswahlkommission für die ÖH-Wahl wurde aus Krankheitsgründen abgesagt und auf kommende Woche verschoben. Die definitive Entscheidung über die Aufhebung der ÖH-Wahlen an der Uni Wien fällt damit erst in den nächsten Tagen.

Dabei werden weitere der insgesamt 33 Einsprüche gegen die ÖH-Wahlen behandelt. Es besteht zwar noch die Chance, dass von dem Beschluss der Wahlaufhebung wieder abgegangen wird, es wird aber nicht damit gerechnet. Bei der Sitzung werden der Leiter der Wahlkommission und Studierendenvertreter von Aktionsgemeinschaft (AG), Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) und Fachschaftsliste anwesend sein. Auch an  der Universität Salzburg sind die Chancen hoch, dass auch dort der Urnengang aufgehoben wird.

Seitens der Wahlkommission war am Freitag keine offizielle Bestätigung zu bekommen. Eine Sprecherin von Wissenschaftsminister Johannes Hahn konnte gegenüber derStandard.at eine Aufhebung der Wahl ebenfalls noch nicht bestätigen, rechnet aber bei der heutigen Sitzung mit einer Entscheidung. Die beanstandeten Mängel seien aber nicht "per se" mit dem E-Voting verbunden, sondern seien "administrative Mängel" in der Verwaltung, die auch bei einer herkömmlichen Papierwahl auftreten könnten, heißt es aus dem Ministerium.

Fix ist die Aufhebung erst mit der Ausstellung eines entsprechenden Bescheids. Sobald dieser allen wahlwerbenden Gruppen der betreffenden Uni zugestellt ist, haben diese zwei Wochen Zeit für eine Berufung an die nächsthöhere Instanz, den Wissenschaftsminister. Sobald die Aufhebung rechtskräftig ist, muss die Wahl innerhalb von 60 Tagen wiederholt werden.

Listenname mangelhaft angeführt

Grund für die Wahlaufhebung soll indirekt das bei der ÖH-Wahl 2009 erstmals mögliche E-Voting sein. Am elektronischen Stimmzettel war der Listenname der Jungen Europäischen Studenteninitiative (JES) fehlerhaft, der Liste fehlte das "Europäische". Zudem fehlten auf dem Internet-Stimmzettel (siehe Ansichtssache) bei allen Fraktionen die Kurzbezeichnungen. Kurios dabei ist, dass die JES selbst auf einen Einspruch gegen die Wahl verzichtet hat.

Angefochten haben die Wahl auch die Grünen & Alternativen StudentInnen. An allen Universitäten, an denen sie kandidiert haben wurde das Ergebnis aufgrund des E-Voting-Verfahrens und möglicher Bedenken angefochten (derStandard.at berichtete). Zwei Verfassungsgerichtshofklagen aus dem Umfeld des Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) wurden aus formalen Gründen abgelehnt. Auch der VSSTÖ hat die letzte ÖH-Wahl angefochten

VSSTÖ: Gesamte ÖH-Wahl muss wiederholt werden

Da es noch keinen offizielle Bescheid gibt jubeln die Studierenden noch vorsichtig. "Sollte die kolportierte Aufhebung tatsächlich stimmen, ist das eine Bestätigung für die ÖH Uni Wien und Bankrotterklärung für E-Voting und das Wissenschaftsministerium, das dies zu verantworten hat", so Veronika Helfert von der ÖH Uni Wien.

Der Verband Sozialistischer StudentInnen sieht das E-Voting-System gescheitert. "Das E-Voting System war eine Husch-Pfusch-Aktion des Ministeriums", so Sophie Wollner, Bundesvorsitzende des VSStÖ, in einer Aussendung. Der VSSTÖ fordert die gesamte ÖH-Wahl zu wiederholen. Auch für Eva Pentz (GRAS) ist das "Prestigeprojekt E-voting entgültig gestorben", auch ein neue/r WissenschaftsministerIn werde dieses "demokratiefeindliche Instrument nicht erneut einsetzen".

Die Bundes-ÖH zeigte sich zurückhaltend: Man habe offiziell noch keine Infos, so der stellvertretende ÖH-Vorsitzende Thomas Wallerberger (Fraktion engagierter Studierender, FEST). Die ÖH werde wie bisher weiterarbeiten und zunächst den entsprechenden Bescheid abwarten.

Nur wenig Studierende nutzten elektronische Wahlmöglichkeit

Vor allem von Studierendenseite wurden gegen das elektronischen Distanzwahlsystem sowohl datenrechtliche Bedenken geäußert und die hohen Kosten kritisiert. Als Testfeld für andere Wahlen sollten die Universitäten im Mai dienen, bei den Wirtschaftskammerwahlen sollte das E-Voting-System als nächstes angewandt werden.

Trotz einer intensiven Werbekampagne an Österreichs Universitäten - 10.000 Lesegeräte für Chipkarten wurden an Studierende verteilt - haben von den rund 230.000 Studierenden bei den vergangenen Wahlen nur 2.161 Studenten ihre Stimme elektronisch abgegeben. Insgesamt kostete der Test des neuen Wahlmodus laut Wissenschaftsministerium fast 900.000 Euro.

GRAS stimmenstärkste Fraktion

Bei der ÖH-Wahl an der Uni Wien wurden die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) die stimmenstärkste Fraktion (32,7 Prozent), vor der AktionsGemeinschaft (26,7 Prozent) und dem  (VSStÖ) mit 21 Prozent. Von den insgesamt 70.200 Wahlberechtigten gaben 21,5 Prozent ihre Stimme ab. Die Universität Wien entsendet die meisten Mandatare (15) aller Unis in die ÖH-Bundesvertretung. Bisher wurden ÖH-Wahlen zwar bereits aufgehoben. Eine Wiederholung des Urnengangs fand aber bisher noch nicht statt, da aufgrund des Fristenlaufs immer die nächste reguläre Wahl "dazwischenkam". (red, derstandard.at, 27.11.2009)