... packt inzwischen zwar kontrolliert, aber zu nahe beim Mikrofon die Tatwaffe aus dem Karton. Und das verursacht grässliche Geräusche. Oswald, der Angeklagte, hatte mit diesem Springmesser 37-mal auf seinen Lebensgefährten Roland eingestochen. Schon der erste Stich von hinten in den Hals des Schlafenden wäre tödlich gewesen. "Das heißt, dass die anderen Stiche, rein technisch gesehen, gar nicht mehr geschadet haben", versucht der Verteidiger die Geschworenen zu beruhigen.

Verteidiger hofft auf Urteil "Mord im Affekt"

Für den Staatsanwalt, der sich die Haare wachsen hat lassen und nun etwas fatalistischer wirkt, ist die Mordabsicht unumstritten. Der Anwalt des 37-jährigen Friseurs hofft dagegen noch auf "Totschlag", einen Mord im Affekt.

"Ich hab ihm wehtun wollen. Er hat mir auch zehn Jahre wehgetan", sagt Oswald, ein schmächtiger Mann mit eingefallenen Schultern. Sein Freund hatte ihn gedemütigt, ihn ständig mit anderen Männern betrogen, wie einen Sklaven behandelt, geschlagen. "Er hat immer nur genörgelt", sagt Oswald. Und er war überdies sexuell unzufrieden mit ihm, hat ihn als impotent bezeichnet. "Dabei haben wir eh jede Nacht . . ." Hier unterbricht der Gerichtspräsident, der die Verhandlung führt. Solche Details interessieren ihn wirklich nicht. "Das sind bitte schön Beziehungsprobleme - bevor wir hier allzu sehr ins Selbstmitleid abgleiten", sagt er.

Messer mit ins Bett genommen

Am 3. Juli 2002 hat Oswald dann das Messer mit ins Bett genommen. "Ich war so fertig, ich hab' nicht mehr gewusst, was ich tue", sagt er. Der erste Stich war wuchtig geführt und traf die Halsschlagader. "Ich hab' mich umgedreht und einfach zugestochen", sagt der Angeklagte. Danach sei Roland schreiend auf dem Boden herumgekrochen, Oswald stach immer wieder zu. "Ich wollte nur noch, dass es schnell vorbei ist, damit er nicht lange leiden muss", sagt der Angeklagte. "Was heißt das anderes, als dass er tot sein sollte?", fragt der Präsident.

Die auffallend regen Geschworenen fällen schließlich ein überraschend mildes Urteil: "Totschlag", sieben Jahre Haft. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.4.2003)