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Der Staat geht verschlungene Wege, um seine Einsparmaßnahmen zu kaschieren.

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Trotz Konsolidierung und Sparpaketen des Staats ist es weiterhin fast Tabu, Effizienz oder gar Einsparungen beim Personal im öffentlichen Dienst zu verlangen. Ob es um Kürzungen der Unterrichtszeit geht, weniger Beamte bei der Exekutive oder Sparmaßnahmen in Spitälern: Die beschworenen Gefahren eines Personalabbaus sind fast immer lebensbedrohlicher Art.

Dabei macht es der Druck auf die öffentlichen Haushalte unvermeidlich, die gigantischen Personalkosten zu reduzieren. In vielfältiger Form - vom Bund, Ländern und Gemeinden bis zu Spitälern, Schulen und anderen Einrichtungen - ist der öffentliche Dienst der größte Arbeitgeber des Landes: Rund 650.000 Menschen sind nach eigenen Angaben Beamte oder Vertragsbedienstete, etwa ein Fünftel aller unselbständig Beschäftigten.

Aber Politiker vergeben lieber Posten als die unangenehme Wahrheit zu servieren, dass der Staat mit weniger Personal auskommen muss. Klar: Denn die heute Gekündigten stehen morgen als Wähler an der Urne.

Verschlungene Wege

Also geht der Staat verschlungene Wege, um seine Einsparmaßnahmen zu kaschieren: Ausgliederung von Betrieben wie Post, Telekom und Bahn, die dann für diese "Grauslichkeiten" verantwortlich sind; "autonome Entscheidungen" an Unis und Schulen, wo eingespart werden soll; Auslagerung staatlicher Aufgaben im sozialen Bereich an Vereine, denen dann das Geld gekürzt wird.

Dabei hat "Vater Staat" ein besonderes Problem: Die in Form von Pragmatisierungen einst beschworene ewige Loyalität zu seinen Mitarbeitern, die jetzt teuer zu stehen kommt. Das führt dann zu solchen paradoxen Situationen, dass Betriebe wie Post und Telekom mit Zigtausenden Mitarbeitern zwar eigenständig werden, vielleicht in letzter Instanz sogar privat, aber weiterhin einen Rucksack voll pragmatisierter Beamter mittragen, die sie dann auf Staatskosten in die Frühpension entsorgen.

An anderer Stelle unternimmt die öffentliche Hand in letzter Zeit zaghafte Gehversuche mit "Leiharbeitskräften". So sind dem "Chief Information Officer" der Republik für sein Projekt E-Government eine Hand voll Mitarbeiter zur Seite gestellt, die nicht aus den Reihen öffentlich Bediensteter kommen, sondern über Leiharbeitsfirmen angeheuert werden. Auch die EU- Präsidentschaft wurde mit Hilfe von rund 100 "Leiharbeitern" zusätzlich zum Beamtenstab abgewickelt; damit können die Personalaufwendungen des Bundes niedriger gehalten werden, auch wenn damit der Sachaufwand kurzfristig steigt. Auch in manchen Ministerbüros ist "Leiharbeit" eine beliebte Variante, um Stellenpläne und Gehaltsschemas zu umgehen.

Starrheit

Dem Umfang nach ist dies (in Anbetracht hunderttausender Mitarbeiter) zwar völlig unbedeutend. Aber es verweist auf ein Kernproblem des öffentlichen Dienstes: seine Starrheit. Wer einmal an einer Stelle für eine Aufgabe eingestellt wird, ist kaum mehr für andere Aufgaben heranzuziehen. Beispiel Schule: Wir halten bei rund 120.000 Lehrern, eine im wesentlichen trotz aller Sparpakete unveränderte Zahl von Köpfen; dabei steht ein Rückgang der Schülerzahlen bevor. Aber weder gibt es gezielte Umschichtungen im "Betrieb" (etwa zu Schularten und Unis, die mehr Personal brauchen würden, oder durch Umschulungen in den Gesundheitssektor). Noch kommen wirkliche Reduzierungen in Frage, außer durch teure Frühpensionen, die für den Rest der Bevölkerung gerade abgeschafft werden.

So drücken sich die Chefs des öffentlichen Dienstes - die um Stimmen buhlenden Politiker - seit langem vor ihrer Verantwortung als Chefs: Sie schulden das ehrliche Eingeständnis, dass es angesichts leerer Kassen keine lebenslangen Berufsgarantien gibt. Weder nach Art der Tätigkeit, noch nach deren Dauer. Gewiss, es gibt Verantwortung für guten Umgang mit Mitarbeitern. Aber um Änderungen im Laufe eines langen Arbeitslebens kommt keiner herum. Auch nicht in Diensten von Vater Staat. (DER STANDARD, Printausgabe 2.4.2003)