Freitag vor einer Woche, am 20. November, ging es in der Ottakringer Brunnenpassage bei einer Podiumsdiskussion um ein für Österreich neues Thema: ob Angehörige so genannter Minderheiten - um diesen Begriff mit dem unschönen Wortteil „minder" zu verwenden - einander ablehnend oder gar mit Verachtung gegenüberstehen. Konkret ging es um Einwanderer und Homosexuelle. Die Nachricht, dass es Zorn und Misstrauen zwischen diesen beiden Bevölkerungsgruppen gibt , kam aus Berlin. Dort, so schilderte Tülin Duman, von GLADT, eines Vereins von Lesben und Schwulen mit türkischem Hintergrund in Deutschland, werde über Pöbeleien, ja Gewalttaten junger, vor allem muslimischer Einwanderer gegen Schwule und Lesben berichtet. Innerhalb der schwullesbischen Szene gebe es daher „Wehrt Euch!"-Aufrufe und zunehmend sogar Stimmen , nicht mehr in türkischen Geschäften einkaufen zu gehen - mit all den unang e nehmen zeitgeschichtlichen Assoziationen an, die das mit sich bringt . 

In Wien, so schilderte Wolfgang Wilhelm von der Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen der Stadt, habe es vereinzelt ebenfalls schon derartige Klagen gegeben. Bei näherem Hinschauen jedoch habe sich meist herausgestellt, dass der Unfrieden andere Ursachen hatte. Etwa Lärmbelästigung durch kinderreiche Einwandererfamilien im Gemeindebau, die jedoch weniger den zu lauten "Ausländern" an sich, sondern vielmehr zu dünnen Wänden geschuldet waren. Von den Beteiligten seien sie zum Ausländer-Homosexuellenproblem umgedeutet worden, so wie überhaupt handfeste ökonomische Konflikte oder Streit um Ressourcen fälschlicherweise gern auf Kulturelles reduziert werden.. 

Bleibt die Frage der Wortwahl. Hier kam bei der Podiumsdiskussion die Sache mit dem Favoritner Rapper Ramses zur Sprache. Ein Sohn iranischer Einwanderer, in dessen Texten die Wörter „schwul" , „Schwuchtel" etc. einen nicht unbedeutenden Rolle spielen. Im März 2009 war Ramses im Club 2 aufgetreten und hatte seine Negativausagane über Schwule wiederholt. Später meinte er im Interview mit Ivana Martinovic, Redakteurin der Zeitschrift Biber, es so nicht gemeint zu haben. Nicht wirklich überzeugend, selbst wenn man mitbedenkt, dass - sozusagen auf der Gegenseite - in Österreich der Ausdruck „Tschusch" schon zum Allgemeinschimpfwort geworden ist . Zu einem Ausdruck, der situationsbedingt auf alle zu passen scheint, die man momentan gerade aus irgendeinem Grund nicht mag. Ob aufstachelnde "Schwuchteln" oder "Tschuschn": Im Alltag tut verbale Abrüstung Not!

Irene.Brickner@derStandard.at