Schaut niedlich und harmlos aus, ist aber gefährlich: Die Invasion seines Verwandten, des Goldfisches (Carassius auratus), lässt den Karpfen nach Luft schnappen.

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Wien - Dieser Tage steht nicht das Atomkraftwerk Temelín auf der Liste der tschechisch-österreichischen Konsultationen, sondern das Goldfisch-Problem. Eine Umweltschutzorganisation hat Österreich, die Slowakei und die EU-Kommission vor einer massiven Verbreitung der Spezies Carassius auratus gewarnt. Die dem Karpfen ähnlichen Goldkarauschen vermehrten sich weit rascher als die Karnickel und bedrohten die natürliche Population der Gewässer.

Im Naturreservat Lednické wurden im Vorjahr 58 Tonnen Goldfische abgefischt, was 2,9 Millionen Exemplaren entspricht. Umweltschützer gehen davon aus, dass ein weiteres Drittel der Menge über Abflüsse in die Thaya entwischt sei. Die Ausdehnung des Fisches erfolge deshalb in "höchst aggressiver Weise", weil die Karausche nur in weiblicher Form existiere und sich mit männlichen Spezies aller Art reproduziere. Die Vermehrung erfolge in mehreren Zyklen innerhalb eines Jahres. Die Nahrung des natürlichen Fischbestands werde dadurch derart reduziert, dass die tschechischen Experten bereits von der Gefahr des Aussterbens zahlreicher Arten sprechen. Und: Durch die verschiedensten Wasserverbindungen sei die Invasion des Goldfisches nach Österreich und in die Slowakei zu befürchten.

Im Umweltministerium werden die Szenarien ernst genommen: Die Karausche sei bereits auf die "graue Liste" gesetzt worden. "Das bedeutet, dass Hinweise auf ein potenzielles Risiko der heimischen Biodiversität vorliegen, aber noch keine konkreten Belege", heißt es in einer Stellungnahme des Artenschutzes im Ressort. In Österreich wie in Tschechien wird die illegale Aussetzung der seit dem 17. Jahrhundert aus Asien nach Europa gebrachten Zierfische für die Entwicklung verantwortlich gemacht.

Während die Karpfenfischer in Mähren bereits ächzen, stellt der Goldfisch im Waldviertel derzeit ein kleines Problem dar. Bestätigt wird überdies, dass die Karpfenteiche über zahlreiche Gewässer mit jenen Tschechiens verbunden seien. Auch wenn die Abflüsse durch Gitter versperrt seien, könnten sich junge Fische durch die Öffnungen auf Wanderschaft begeben, erläutert Thomas Kainz von der gleichnamigen Teichwirtschaft. Jedenfalls sei es nicht von der Hand zu weisen, dass die rasche Verbreitung einer anderen Spezies die Nahrungsaufnahme der Karpfen beeinträchtigen würde. Das könne man derzeit beim Giebel und beim Rotbarsch beobachten.

Weit größere Sorgen als der Goldfisch bereiten der Teichwirtschaft freilich Otter und Kormorane. Die Bestände vermehrten sich wegen der rigorosen Abschussverbote rapide, schildert Kainz. Die Ausfälle machten durchschnittlich 35 Prozent der Population aus, manche Teiche seien sogar leergefressen. Neben der reinen Beute verletzten die Tiere Fische, denen Parasiten dann den Rest geben. "Das ist, als wenn ein Fuchs eine Schafherde angreift und mehreren ins Wadel beißt", schildert Kainz die Situation. Die Inhaber der 1700 Waldviertler Karpfenteiche bissen beim Kampf gegen Otter und Kormoran allerdings auf Granit: "Der Naturschutz ist völlig überzogen, seine Lobby ist viel zu stark", meint der Standesvertreter. (Andreas Schnauder/DER STANDARD, Printausgabe, 24.11.2009)