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Griechenlands Neuverschuldung wird 2009 weit höher liegen als bisher angenommen. Anleger vertrauen Griechenland nicht mehr.

Foto: AP/Petros Giannakouris

Wegen der hohen Staatsverschuldung sieht der Markt ein erhöhtes Risiko für einen Bankrott Griechenlands. Auch Italien kämpft mit Problemen. Die wahren Verlierer der Vertrauenskrise könnten in Osteuropa sitzen.

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Wien - "In der Vergangenheit war der Markt mit Griechenland geduldig" , sagt der Analyst David Schnautz von der Commerzbank. Aber der letzte Faux Pas sei einfach nicht aus den Köpfen der Anleger wegzukriegen. Nach ihrem Sieg bei den Parlamentswahlen Anfang Oktober musste die sozialistische Pasok-Partei reinen Tisch machen.

Nach ihrem Machtantritt gaben die Sozialisten bekannt, dass Athen bei den Daten kräftig gemogelt hatte. Die Neuverschuldung Griechenlands werde 2009 bei 12,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, mehr als doppelt so hoch als von der abgewählten konservativen Regierung angekündigt.

Das Vertrauen war damit dahin: Die Credit Default Swaps (CDS) auf griechische Staatsanleihen sind in den vergangenen Wochen regelrecht explodiert. Von 120 Basispunkten Ende September kletterte der Wert auf über 175 Basispunkte. Zum Vergleich: Österreichs CDS lagen Montag bei rund 71 Punkten.

Doch nicht nur das Vertrauen in Griechenland scheint dahin. Auf den Märkten werden zahlreiche westliche Staaten zunehmend als Risikofälle wahrgenommen. Das Geschäft mit der Pleite dieser Staaten boomt.

Neben Irland trifft das vor allem Italien. CDS sind eine Versicherung für Anleihen, Marktteilnehmer sichern sich gegen Zahlungsausfall ab oder spekulieren auf einen Bankrott (siehe Wissen). Bei westlichen Industriestaaten spielten CDS lange Zeit eine untergeordnete Rolle, gilt hier ein Ausfall doch als nahezu ausgeschlossen.

Doch versichern sich nun Anleihenkäufer auch im Westen gegen vermehrt Ausfälle. Der Wert der besicherten Anleihen stieg in Italien im Lauf des Jahres von 151 auf 216 Milliarden Dollar. Besicherungsgeschäfte auf britische und US Anleihen verdoppelten sich im Vergleich zum Vorjahr. Die Wertpapiere, die mitverantwortlich gemacht werden für die Pleite der US-Bank Lehman Brother und den Beinahekollaps des Versicherers American International, erfreuen sich größerer Beliebtheit denn je. Vor allem der steigende Verschuldungsgrad der westlichen Staaten, treibt die CDS an, sagen Experten.

Neben Griechenland hat auch Italien ein Schuldenproblem. So erwartet der Internationale Währungsfonds für Italien im Jahr 2010 einen Gesamtschuldenstand von über 120 Prozent des BIP. In Irland wird eine Verdreifachung der Verschuldung bis 2010 erwartet.

Die Dynamik in Griechenland könnte aber auch schwerwiegende Konsequenzen für Zentral- und Osteuropa haben, warnen Experten bei der französischen BNP Paribas. Die CDS für zahlreiche Staaten in dieser Region sind nach dem sie im Zuge der Finanzkrise im März einen Rekordwert erreicht hatten, wieder kräftig gefallen.

Aber der Fall Griechenlands lenkt die Aufmerksamkeit der Anleger wieder auf die Staatsverschuldung. Das Problem dabei: steigen die Risikokosten, muss der Staat Investoren mit höheren Zinsen ködern. Das könnte das Budget der ohnehin angeschlagenen Volkswirtschaften in Zentral- und Osteuropa weiter belasten. (Lukas Sustala, András Szigetvari, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.11.2009)