Leihgabe des Essl Museums an die Tate Liverpool, die sich das Werk selbst aussuchen durfte: die großformatige Reflexion über das Logo der Olympischen Spiele von Sarah Morris von 2006

Foto: Essl Museum

Wie sich zeigt: Überschneidungen gibt es nicht.

Klosterneuburg - Es gibt, wie die Heimwerker wissen, immer etwas zu tun: Gegenwärtig feiert Karlheinz Essl die Eröffnung seines Museumsgebäudes vor zehn Jahren. Beschenkt wird das Publikum: Der Baumax-Mann lädt am Wochenende zum Open House ein. Man kann einen Hermann Nitsch gewinnen und sich im Sonderpostamt die Marke "10 Jahre Essl Museum" ersttagsstempeln lassen. Gratiseintritt wird aber auch danach gewährt: zehn Wochen lang (bis 2. Februar).

Zu sehen gibt es u. a. eine Best-of-Schau - mit Werken von Maria Lassnig, Gerhard Richter, Markus Lüpertz, Eva Schlegel, Andreas Gursky und vielen weiteren Bekannten. Der erste Saal ist richtig durchkomponiert: Essl zeigt Arbeiten aus den 60er/70er-Jahren mit hohem Wiedererkennungswert, etwa die Wiener Spaziergänge von Günter Brus beziehungsweise Valie Export mit Peter Weibel an der Leine, ein gestisch gemaltes Kreuz von Arnulf Rainer und eine Kreuzwegstation von Hermann Nitsch.

Karlheinz Essl hat sich aber auch selbst beschenkt: mit einem kleinen Abenteuer. Er drückte zehn Museumsdirektoren, die er im Laufe seines Sammlerlebens besser kennengelernt hat, je 200.000 Euro in die Hand, damit sie Kunst einkaufen. Allerdings nicht fürs Essl Museum, sondern für ihre eigenen Häuser. Mit den Erwerbungen sollten Lücken in den Sammlungen geschlossen oder Schwerpunkte stärker akzentuiert werden.

Allerdings: Die Museen erhalten die Werke nicht geschenkt, sondern nur als Leihgabe. Die Direktoren fungierten daher eher als Ankaufsberater. Und Donnerstagvormittag durften sie in Klosterneuburg, moderiert vom Hausherrn, zum Thema "Museumssammlungen in der Krise?" diskutieren.

Alles landet im Museum

Elf Personen am Podium: Das kann nicht gut gehen. Einer nach dem anderen stellte seine Institution vor - und alle sagten mehr oder weniger das gleiche. Dass die Museen kaum oder kein Geld haben, um Ankäufe zu tätigen. Dass die Unterstützung durch die öffentliche Hand immer geringer werde und man daher auf Schenkungen angewiesen sei. "Kunst ist in Indien an der letzten Stelle der Prioritätenliste", so Alka Pande (Neu Dehli). Nicht viel besser scheint die Situation in Italien, Kroatien oder Polen zu sein, glaubt man den Ausführungen von Jarslaw Suchan (Lódz), Snjezana Pintaric (Zagreb) und Gabriella Belli (Rovereto). Max Hollein, Chef des Frankfurter Städels, gab den coolen Hund: Normalerweise nehme sein Haus keine Leihgaben, sagte er, und im Endeffekt lande alle Kunst, sofern sie nicht zerstört wird, im Museum.

Die angekauften Werke werden erst im Frühjahr verliehen: bis 28. Februar ist das heterogene Konvolut unter dem Titel Aspekte des Sammelns bei Essl ausgestellt. Für das Muzeum Sztuki w Lodzi wurde abstrakte Kunst (u. a. von Heimo Zobernig) erworben, für das MART in Rovereto Skulpturen italienischer Künstler. Das Museum of Contemporary Art in Tokio entschied sich für eine neue meditative Video-Installation von Pipilotti Rist, die Tate Liverpool für eine Reflexion über das Logo der Olympischen Spiele von Sarah Morris.

Den Schwerpunkt Menschenbilder des Salzburger Museums der Moderne ergänzte Direktor Toni Stooss mit Schnitzereien Stephan Balkenhols sowie einer typischen Muntean/Rosenblum-Arbeit. Und für sein eigenes Museum kaufte Essl eine Installation aus 28 sich aufblasender Organe und Körperteile von Annette Messager an. Vielfältiger gehts nur noch auf einer Verkaufsmesse. (Thomas Trenkler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.11.2009)