Im Jänner dieses Jahres tat Innenministerin Maria Fekter diesen inzwischen berühmt gewordenen Ausspruch zum Fall "Arigona": "Ich habe nach Gesetzen vorzugehen, egal, ob mich Rehlein-Augen aus dem Fernseher anstarren".

Maria Fekters Augen starren uns auch öfter aus dem Fernseher an, sie haben aber wenig Ähnlichkeit mit denen eines Rehleins. Die Politikerin Fekter hat sich - zweifellos auch aus innerer Neigung, aber auch aus politischem Kalkül - dazu entschlossen, die harte, böse Frau zu geben.

Den Hinweis auf die Gesetze kann man dabei getrost vergessen, denn was in Österreich, in Österreichs Staatsinstitutionen und auch im Innenministerium an Schindluder mit dem rechtsstaatlichen Prinzip getrieben wird, füllt inzwischen Bände und (abgewürgte) Untersuchungsausschüsse. Oder fällt die Exklusiv-Information aus dem Ministerium an die Krone, dass die Familie Arigonas abgeschoben wird, auch unter "gesetzmäßiges Vorgehen"?

Im Fall Arigona könnte man ohne besondere Verrenkung ein "humanitäres Bleiberecht" einräumen. Aber nein, Ministerin Fekter und ein guter Teil der ÖVP glauben, jenen in der Bevölkerung nachgeben zu müssen, die dem Fall Arigona und den Asylwerbern überhaupt mit ziemlich üblen Ressentiments gegenüberstehen. Man muss sich nur die einschlägigen Leserbriefe, die Postings und die Wortspenden in den Medien zu Gemüte führen, um die gesammelte Schlechtigkeit zu spüren.

Das wurde unlängst sogar mit der Behandlung der Juden in der Nazi-Zeit verglichen. Das ist übertrieben und hat doch einen wahren Kern: Dieselben Typen, die sich jetzt über Arigona auslassen, wären 1938 zumindest unter den grinsenden Gaffern am Randstein gewesen, als die Juden drangsaliert wurden.

Aber es geht nicht nur um moralische (christliche) Kategorien: Die ÖVP wird nie so radikal sein können wie Strache. Ihm wird immer noch eine größere Gemeinheit einfallen. Ja, ich weiß, jeder Aufenthalt an einem Stammtisch im Mostviertel oder auch in Wien zeigt brave ÖVP-Wähler, die gegen "Ausländer" und "Asylantengesindel" wüten. Ja, die ÖVP ist eine großteils ländliche Partei, und im ländlichen Raum sind humanitäre Liberale selten.

Aber warum ist die ÖVP fast nur noch eine ländliche Partei? Sie hat seit Wolfgang Schüssels Koalition mit Jörg Haider (mindestens) ein paar zehntausend urbane, liberale Wähler vertrieben. Die Jungen zu den Grünen, viele Ältere zu den Nichtwählern. Sonst würde sie nicht bei 30 Prozent herumkrebsen. Die 42 Prozent Schüssels bei den Wahlen 2002 waren ein Ausreißer, weil klassische FP-Wähler nach Haiders Parteispaltung fast geschlossen zur VP wechselten; kaum war aber der radikale Strache präsent, gingen diese Wähler blitzartig zur FPÖ zurück.

Die ÖVP begeht einen strategischen Fehler. Sie will zeigen, dass sie auch so hart und böse und kleinlich sein kann wie Strache. Sie reagiert sich an Arigona ab - statt das Thema "Zuwanderung" in ein (durchaus restriktives) Gesamtkonzept zu packen und dieses als durchdachtes Aktionsprogramm zu kommunizieren.

Aber das Konzept der ÖVP besteht in dieser Sache aus einem harten, bösen Ausdruck der Augen der Maria Fekter. (Hans Rauscher, DER STANDARD Printausgabe, 14./15.11.2009)