Einmal ordentlich durchziehen. Aber mit Gefühl. Auch heuer bietet das Winterprogramm des MQ wieder das beliebte Eisstockschießen.

Foto: Martin Fuchs

Wien - Entgegen der grassierenden Verhüttelung von der Wiener Innenstadt über den Rathausplatz bis zum Spittelberg, in deren Rahmen der Vorweihnachtskitsch bedrohliche bis befremdliche Ausmaße erreicht, nimmt sich das Museumsquartier zur Wintersaison vergleichsweise mondän aus. Zwar widmet man gleich den ganzen Innenhof thematisch um, aber den zu einem Eispalast umfunktionierten Sitzmöbeln, den sogenannten Enzis, ist Verhüttelung schwerlich vorzuwerfen - trotz Punsch- und Glühweinangebot aus den Küchen der Anrainerlokale des MQ.

Das Museumsquartier gibt sich vielmehr als ungezwungener Themenpark, der sich einfach an den Gegebenheiten der Jahreszeit und der sie begleitenden Folklore orientiert - aber auf angenehm urbane Weise: Statt ergriffener Chöre, die ein hochprozentiges Es wird scho glei dumpa anleiern, kommt die Musik hier von DJs.

Besser so. Das hat Groove, und da flutscht der Stock auf der täglich geöffneten Eisbahn beim seit Jahren beliebten Eisstockschießen auch ungleich besser. Die Tonsetzer an den Plattentellern kommen dabei wie jedes Jahr aus dem Umfeld von FM4.

Belohnte Aufregung

Neben diesem fast schon traditionellen Zeitvertreib gibt es heuer aber auch wieder eine Reihe Zusatzveranstaltungen und Neuerungen: etwa die Literaturschiene "LiteraturQuartier21", bei der verschiedenste Autorinnen und Autoren an zehn Wintersamstagen lesen werden (siehe Text unten).

Neu hinzu kommen weitere Eis-affine Vergnügungen: Zum einen wird es ab heuer einen eigenen MQ-Eislaufplatz geben, und zwar täglich. Dort seine Runden zu drehen kann man auch kurzfristig entscheiden, ein Schlittschuhverleih ist vor Ort. Etwas mehr Nervenkitzel verspricht zum anderen die ebenfalls neu geschaffene Möglichkeit des Eiskletterns mitten in der Stadt. Mit Pickel und Steigeisen geht es ein paar Meter in die Höhe, belohnt wird die Aufregung mit einem Ausblick über das gesamte Geschehen auf dem Platz.

Eröffnet wird die MQ-Wintersaison am 12.11. ab 18 Uhr. Nach einem atmosphärischen Vorspiel von DJ D. Schaerf sowie der Eröffnung durch den Museumsquartier-Direktor Wolfgang Waldner tritt die Wiener Band Sofa Surfers auf. Das ist nicht nur das erste Konzert der international bekannten Formation auf Wiener Boden seit sehr langer Zeit, sie gibt dabei erstmals auch Einblicke in ihr Ende Jänner 2010 erscheinendes neues (und sehr gutes!) Album Blindside.

Die Sofa Surfers rund um Wolfgang Schlögl und Markus Kienzl haben sich von ihren Anfängen im Bereich des Dub längst schon wegentwickelt und spielen auf Blindside eine verwegene Mischung aus urbanem Rhythm 'n' Blues - dank der Stimme von Mani Obeya - und harten Gitarren, die so trocken klingen wie früher jene der US-amerikanischen Hardcorler von Fugazi. Keine schlechte Schnittmenge! Konzertbeginn ist pünktlich um 19.30 Uhr.

"Drink and Drive"

Im Anschluss an das Konzert ziehen die MQ-Punschverantwortlichen ihre Spendierhosen an - und geben eine halbe Stunde lang gratis Getränke aus. Anders als im richtigen Leben kann es dann auch "Drink and Drive" heißen. Denn eine weitere Neuerung lädt zum Publikumstest ein. Dort, wo man im Sommer die Zehen zur (bescheidenen) Abkühlung in den Brunnen des MQ streckt, befindet sich ab sofort eine Autorennbahn, ein Hindernisparcours für die Modellautos großer und kleiner Kinder. Die Unfallgefahr hier ist bescheiden, das Vergnügen umso größer. Also: Gebt Gummi! (Karl Fluch / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.11.2009)