In Sandra Frauenbergers Heimatbezirk hatten die "Bassena-Gespräche" Premiere: Reumann-Hof am Margaretengürtel

Was eine Bassena ist, weiß in Wien zwar nur noch eine Minderheit. Trotzdem soll das Wort wieder neu belebt werden - zumindest, wenn es nach Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger geht. Sie lud Dienstag nachmittag zum ersten offiziellen "Bassena-Gespräch" in den Reumann-Hof, einen großen Gemeindebau am Wiener Margaretengürtel. Ganz nach dem Vorbild des einstigen Bassena-Tratsches, bei dem Hausfrauen allerlei Neuig- und Nettigkeiten, aber auch Bosheiten austauschten, will Frauenberger bewirken, "dass die Menschen miteinander ins Gespräch kommen". Wenn sie es schon nicht von selber tun.

"Nicht mit allen Gut Freund"

"Wien war schon immer eine Zuwanderungsstadt", erinnert Frauenberger die anwesende MieterInnen-Runde. Niemand sei verpflichtet, "mit allen Gut Freund zu sein". Aber ein Minimum an Respekt sei schon vonnöten, mahnt Frauenberger.

Von Gut Freund kann bei manchen der Anwesenden aber ohnehin nicht die Rede sein. "Heute sind zehn Mieter da, aber nur eine Ausländerin", fühlt sich eine Frau bestätigt. "Da fehlt es einfach an Interesse." - "Es gibt Leut', die arbeiten um diese Uhrzeit", erinnert "die Ausländerin" neben ihr. Eine Drogeriemarkt-Kassierin beschwert sich, dass bei ihrer Arbeitsstelle jene BewerberInnen bevorzugt wurden, die neben Deutsch auch Serbisch oder Türkisch sprechen. "Das ist mein Land, die sollen meine Sprache sprechen", erbost sich die Frau. "Zusatzsprachen sind aber eine Kompetenz", entgegnet Frauenberger. "Warum soll Französisch mehr Wert sein als Serbisch oder Türkisch?"

"Ausländer tragen nichts bei"

Eine ältere Besucherin berichtet von "einer Ausländerin, die mit sechs Kindern in der Arztpraxis sitzt". Wütend ist sie aber nicht, weil sie deshalb länger warten muss, sondern, "weil diese Menschen Leistungen in Anspruch nehmen, ohne etwas beizutragen". "Unser Gesundheitssystem wäre längst zusammengebrochen, wenn wir nicht die Migranten hätten", gibt Frauenberger zurück. Sie spreche hier nicht nur von ausländischen Pflegekräften, sondern von "allen, die hier arbeiten" und Versicherungsbeiträge zahlten. "Das glaube ich nicht", meint die Frau. "Ich rechne es ihnen gerne vor", so Frauenberger.

Die Stadträtin bleibt sachlich und scheint damit trotzdem gut anzukommen. Eine Dame, die erst die Mehrheit der Migrantenbevölkerung als "nicht integrationsbereit" deklariert hat, gibt dann zu, dass "von den Jungen, die mir in der Straßenbahn einen Platz anbieten, eigentlich 80 Prozent Ausländer sind". "Das sind doch auch alle Wiener und Wienerinnen", entgegnet Frauenberger.

Telefon-Hotline

Die Bassena-Gespräche sind Teil eines "Fünf-Punkte-Programms" zur Integration in Wien, das seit auch eine Telefon-Hotline beinhaltet. Wünsche und Beschwerden in puncto Diversität können hier deponiert werden, wobei sich Frauenberger "bitte auch konkrete Vorschläge, was man besser machen kann", wünscht.

Die Bassena-Gespräche finden nächstes Jahr an sechs weiteren Orten statt. Viele Konflikte seien gar keine Integrationsprobleme, meint Frauenberger, sondern Streit über Lärm, Schmutz oder Hunde. Folglich sind bei den Bassena-Treffen auch jeweils alle AnsprechpartnerInnen mit dabei: Gebietsbetreuung und Wiener Wohnen, ein Polizeivertreter und die MA 48.

Am Ende des ersten Abends sind sich alle einig: Für die Probleme im Gemeindebau seien "eh immer dieselben fünf, sechs Querulanten" zuständig. Insofern lebt ein alter Brauch des Bassena-Tratsches auch hier wieder auf: Gemeinsam raunzt es sich besser. Auch wenn das Buffet im Anschluss nicht ganz dem alten Stil folgt: Statt Obstler gibt's Orangensaft.
(mas, derStandard.at, 3.1..2009)