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Zumindest sie sind vorbildlich unterwegs - Pflicht ist der Skihelm für Minderjährige ausgerechnet in den Parade-Skiländern Tirol und Vorarlberg nämlich nicht.

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Neben Herz-Kreislauf-Problemen sind Kopfverletzungen die häufigste Todesursache im Wintersport.

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Salzburg/Bregenz/Wien - Nach einigen schweren Skiunfällen auf Österreichs Pisten zu Jahresbeginn war sie in aller Munde, jetzt wird sie aller Voraussicht nach zumindest in den beiden Parade-Skibundesländern Tirol und Vorarlberg nicht kommen: die Skihelmpflicht für unter 15-Jährige. Im Mai hatten sieben der neun Landeshauptleute eine Vereinbarung unterzeichnet, per Landesgesetz Minderjährigen das Tragen eines Helms beim Wintersport auf den Pisten vorzuschreiben. Medizinern zufolge ließe sich durch einen Helm der Großteil der Kopfverletzungen beim Wintersport verhindern.

Zwei Unterschriften fehlen auf dem Papier, nämlich jene aus Tirol und aus Vorarlberg. Während Tirols Sportreferent, Landeshauptmann-Stellvertreter Hannes Gschwentner (SPÖ), öffentlich für eine Helmpflicht eingetreten war, verweigerte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) seine Unterschrift mit dem Argument, lieber auf "Eigenverantwortung" setzen zu wollen.

Ähnlich in Vorarlberg: "Bei uns sieht man eigentlich kein Kind mehr ohne Helm, deshalb brauchen wir kein eigenes Landesgesetz", begründet Sportlandesrat Siegi Stemer (ÖVP) die Haltung des Landes. Die zahlreichen Informationen und Aktionen zur Notwendigkeit des Skihelms hätten Wirkung gezeigt - nicht nur bei Kindern und Jugendlichen. Bei Erwachsenen betrage die Helmtragequote über 70 Prozent, die Tendenz sei steigend. Ausdrücklich begrüßt wird vom früheren Sportlehrer Stemer aber die Verordnung des Unterrichtsministeriums über Helmpflicht bei Schulsportv Veranstaltungen.

In Oberösterreich hat sich die Umsetzung der Helmpflicht durch die Landtagswahl im September verzögert, soll aber dennoch in Angriff genommen werden, sagte der Pressesprecher vom Sportlandesrat Viktor Sigl (ÖVP) zum Standard. In den restlichen Bundesländern ist ein entsprechendes Gesetz entweder schon in Kraft oder soll bald beschlossen werden.

Kritik an "Kirchturmpolitik"

Die unterschiedliche Situation bei der Helmpflicht in Zeiten grenzüberschreitender Skigebiete sorgt für Unmut bei Johann Maier, dem Konsumentenschutzsprecher der SPÖ im Nationalrat: "Ich halte das für eine Kirchturmpolitik der Sonderklasse." Maier forderte am Montag neben einheitlichen Pistenordnungen mehr Aufklärung über die Gefahren beim Wintersport durch die Touristiker und eine bessere Koordination bestehender Präventionsprojekte.

46.300 Menschen waren es im Vorjahr insgesamt, die sich auf Österreichs Pisten beim Skilauf verletzt haben, 11.900 Snowboarder kommen dazu. Insgesamt verletzten sich im Jahr 2008 5800 Kinder und Teenager unter 14 beim Skilauf. Skifahrer haben in absoluten Zahlen auch das höchste Risiko, sich am Kopf zu verletzen, zeigt die Unfallstatistik des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. 4000 Patienten kamen mit Kopfproblemen ins Krankenhaus. Interessant allerdings: Relativ gesehen ist das Risiko der Kopfverletzung in der Sportgruppe "Schwimmen, Springen, Tauchen" fast dreimal so hoch.

Beim Kuratorium für Alpine Sicherheit hat man vor allem die Zahlen der Alpinpolizei, also jene über die Unfälle, die besonders heftig verlaufen sind. Die Bilanz für die Saison 2008/09: 44 Personen starben im "organisierten Skiraum", also auf den Pisten. Knapp die Hälfte davon starb an internen Erkrankungen, wie einem Herzinfarkt oder Schlaganfall - die andere Hälfte bei Stürzen und Kollisionen. In diesen Fällen sind es aber praktisch immer Kopfverletzungen, die zum Tod führen, wissen Sportmediziner. (jub, moe, pehe/DER STANDARD-Printausgabe, 3.11.2009)