Wagner lag in seinem Bett, seine Oberschenkel waren mit einer Schraubzwinge zusammengepresst, in der linken Kniescheibe steckten zwei Zimmermannsnägel ... eine Garotte lag um seinen Hals ..." Nein, das ist keine Beschreibung aus einem sadistischen B-Movie, sondern die Schilderung eines realen Mordes in Deutschland. Ferdinand von Schirach, Anwalt und Strafverteidiger in Berlin, hat die krassesten und rätselhaftesten Fälle, die ihm untergekommen sind in einem schmalen Band mit dem schlichten Titel Verbrechen versammelt.

Da geht es nicht nur um Mord, auch um langsames, unbemerktes Verrücktwerden wie im Fall des Museumswärters, der, von einer ignoranten Verwaltung vergessen, 23 Jahre in demselben Ausstellungsraum arbeitete und allmählich von einer antiken Statue

dermaßen besessen war, dass er zu sehr seltsamen Taten getrieben wurde. Manche Klienten Schirachs behielten ihre Geheimnisse für sich, anderen konnte er nicht helfen, wieder andere fanden entgegen allen Erwartungen einsichtige Richter, die nicht nur nach Paragrafen urteilten, und andere kamen gerade noch rechtzeitig in ärztliche Obhut. Jede einzelne Geschichte beweist, dass die Wirklichkeit viel bizarrer sein kann, als die abseitigste Fantasie eines Krimi-Autors. Schirach erzählt ganz nüchtern und undramatisch, was eben deshalb seine Wirkung nicht verfehlt. (Ingeborg Sperl, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 31.10/01.11.2009)

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