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Nicolas Sarkozy bei der Pressekonferenz am Freitag

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Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat Grund zur Freude: der Weg zur endgültigen Ratifizierung des Reformvertrages ist frei.

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Nach jahrelangem Tauziehen könnte - wenn in Tschechien alles glatt läuft - der Reformvertrag von Lissabon nach Angaben Frankreichs am 1. Dezember in Kraft treten. Das stehe nach der Einigung auf dem EU-Gipfel in Brüssel "außer Zweifel", sagte zumindest der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Freitag zum Abschluss der Beratungen.

Abzuwarten bleibt natürlich, wie kommende Woche - wahrscheinlich am 3. November - das tschechische Verfassungsgericht über eine Klage tschechischer Senatoren gegen den Vertrag entscheiden wird. Erst danach ist eine Unterschrift des EU-kritischen Präsidenten Vaclav Klaus, der nicht in Brüssel anwesend war, überhaupt möglich.

Der Weg zum Inkrafttreten des Reformvertrags wurde bereits am Donnerstagabend um 21 Uhr geebnet: Die Staats- und Regierungschefs gestanden Tschechien eine Ausnahme bei der mit dem Lissabon-Vertrag verknüpften EU-Grundrechtecharta zu. "Damit ist der Weg zur endgültigen Ratifizierung des Reformvertrages frei", erklärte der amtierende Ratspräsident, Schwedens Ministerpräsident Fredrick Reinfeldt, unmittelbar nach der Einigung.

Die schwedische Präsidentschaft hatte in der Causa vor allem mit fünf Ländern gesprochen - Tschechien, Österreich, Deutschland, der Slowakei und Ungarn. Tschechiens Präsident Václav Klaus hatte mit Blick auf die Beneš-Dekrete und allfällige Entschädigungsklagen von Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg auf das "Opt out" bestanden. Vorher wollte er seine Unterschrift nicht unter die Ratifikation des Vertrages setzen.

Ausnahmen auch für Polen und Briten

Rein formal tritt Prag einem Protokoll bei, das bereits den Polen und Briten Ausnahmen von der Grundrechtecharta zugesteht. Der Anhang soll dem nächsten Beitrittsvertrag - jenem Kroatiens oder Islands - beigefügt werden, um dem Lissabonvertrag eine neue Ratifizierungsrunde unter den EU-27 zu ersparen. Tschechiens Nachbarstaaten sollen von dem Kompromiss rechtlich nicht eingeschränkt werden.

Dass Václav Klaus diesmal tatsächlich unterschreiben wird, galt am Donnerstag in Brüssel als sicher. Der tschechische Präsident habe schließlich einen persönlichen Vertrauensmann in die EU-Kapitale geschickt, um mitzuverhandeln, erklärte ein in die Verhandlungen eingebundener Diplomat dem STANDARD.

Am Freitag haben dies auch beide engen Mitarbeiter des EU-kritischen Staatschefs angedeutet. Der Chef der Präsidentschaftskanzlei, Jiri Weigl, der am EU-Gipfel am Donnerstag präsent und ständig mit Klaus telefonisch im Kontakt war, erklärte, der Präsident habe für die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages eine Bedingung gehabt, "die jetzt meiner Meinung nach erfüllt wurde ... Er wird keine Bedingungen mehr stellen", so Weigl.

Auch der Sekretär von Klaus, Ladislav Jakl, äußerte sich in diesem Sinn. "Die Erfüllung seiner Bedingung ist ein großer Fortschritt", sagte Jakl gegenüber der tschechischen Tageszeitung "Mlada fronta Dnes".

Damit liegt der Ball wieder beim tschechischen Verfassungsgericht, das am Dienstag über den Lissabon-Vertrag entscheiden soll. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 30.10.2009)