Bild nicht mehr verfügbar.

Das Modell des Wiener Hauptbahnhofs mit dem Sonnwendviertel, bei dessen Bebauung erstmals das Kriterium der sozialen Nachhaltigkeit Anwendung findet.

Foto: APA

Architektin Bettina Götz warnt: Durch kompakten Wohnbau entstehen "tote Quartiere".

Foto: STANDARD/Newald

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig will "gutes Wohngefühl auf weniger Fläche" bieten.

Foto: STANDARD/Newald

Mietervertreter Georg Niedermühlbichler hält nicht jede Sanierung für sinnvoll.

Foto: STANDARD/Newald

Sozialbau-Chef Herbert Ludl fordert Beiträge der Bewohner zur Ver-besserung der Altbauten ein.

Foto: STANDARD/Newald

Wohnservice-Wien-Chef Peter Neundlinger: "Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen."

Foto: STANDARD/Newald

Wer nur auf den Preis schaut, vernachlässigt andere Seiten der sozialen Nachhaltigkeit, war unter Experten zu hören. Auch die Frage, wie viel in die Sanierung von Altbauten gesteckt werden sollte, war ein heißes Thema.

Politiker, denen die Leistbarkeit des Wohnens das größte Anliegen ist, haben nicht nur mit steigenden Grundstücks- und Errichtungskosten ein Problem, sondern auch mit den gewachsenen Ansprüchen von – selbst finanziell eingeschränkten – Bewohnern. "In den Siebzigerjahren betrug die durchschnittliche Wohnfläche 25 m² pro Person, heute sind es 38 m², und nachgefragt werden bis zu 45 m²" , erzählte der Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig auf dem Wohnsymposium. Mehr Wohnraum aber treibe die Kosten in die Höhe, weshalb angesichts stagnierender Gehälter und Pensionen Wege gefunden werden müssten, "ein gutes Wohngefühl auf einer beschränkten Fläche herzustellen" , lautete seine Ansage an die anwesenden Architekten. Man müsse Kosten durch Know-how reduzieren, um hohe Qualität zu leistbaren Konditionen anbieten können.

Doch es ist nicht nur die Größe, die Wohnungssuchende interessiert, sagte der Geschäftsführer des Wohnservice Wien, Peter Neudlinger auf Grundlage von Kundenumfragen. "Herausgekommen ist, dass auch die Wohnumgebung wichtig ist. Egal ob die Wohnung teuer oder billig ist, das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen."

Luft als "notwendiger Spielraum"

Doch wer in neuen Wohnanlagen und Stadtteilen nur auf die Quadratmeterkosten schaut, schafft keine soziale Nachhaltigkeit, betonte die Architektin Bettina Götz. Denn eine attraktive und lebendige Wohnumgebung – Götz spricht hier vom "erweiterten Wohnzimmer" – sei nur möglich, wenn nicht zu dicht gebaut wird. "Die Luft ist der notwendige Spielraum einer Bebauung, der zusätzliche Nutzungen durch Anbauten erst möglich macht", sagte sie. "Kompakter Wohnbau greift bei der Stadtentwicklung zu kurz. Wenn alle Grundstücke voll zum Bauen ausgenutzt werden, darf man sich nicht wundern, dass statt einer funktionierenden Stadt ein totes Quartier entsteht."

Vor allem müsse das Erdgeschoß freigelassen werden und nicht zum Wohnen verwendet werden, forderte Götz "Wohnen sollte erst im ersten Stock beginnen." Dass dies in der Stadtentwicklung heute – anders als etwa in der Gründerzeit – kaum möglich sei, hänge nicht nur mit der Widmungspolitik, sondern auch mit der Förderung zusammen. "Es nützt mir kein Spielraum bei der Widmung, wenn ich so hoch bauen muss, dass ich ihn nicht nutzen kann. Dann entstehen diese Kisten, die von oben bis unten voll sind. Mit der Wohnbauförderung, wie wir sie haben, können wir keine Lebendigkeit entwickeln."

Tauziehen um Sanierung

Sozialbau-Chef Herbert Ludl brachte das Problem der Altbauten in die Diskussion ein, die etwa alle 40 Jahren von Grund auf erneuert werden müssen – derzeit etwa durch thermische Sanierung oder Lifteinbau. Auch dies sei ein wichtiger Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit – und ein kostspieliger. Ludl kritisierte, dass hier auf notwendige Maßnahmen aus "falscher Rücksichtnahme" auf die Finanzen der Bewohner oft verzichtet werde oder die Kosten auf den Hauseigentümer abgewälzt werden. "Wir müssen darauf schauen, dass die entsprechende Beiträge zur Verbesserung geleistet werden, und das wird aus Rücksicht auf die Bewohner oft zu eng gesehen" , kritisierte er.

Dem kann Georg Niedermühlbichler, Präsident der Mietervereinigung, nur bedingt folgen. Denn "leistbares Wohnen bedeutet, dass die Mieten nicht steigen. Bei der thermischen Sanierung steigen die Mieten rasant, aber Einsparungen rechnen sich erst in 20 bis 30 Jahren. Das ergibt keinen Sinn." (Eric Frey, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.10.2009)