Molekularbiologin Herta Steinkellner stellt Arzneimittel in Pflanzenzellen her.

F.: Haroun Moalla

Je weiter man von Äußerlichkeiten und Lebensweisen auf die molekularbiologische Ebene vordringt, desto ähnlicher werden sich alle Organismen. Seien es Mensch, Maus, Bakterium oder Pflanze: "Die molekularen Mechanismen laufen in allen Zellen gleich ab", erklärt Herta Steinkellner von der Universität für Bodenkultur Boku. Seit September leitet sie zusätzlich zu ihrer Gruppe am Institut für Angewandte Genetik und Zellbiologie ein Laura-Bassi-Exzellenzzentrum.

Bei PlantBioP beschäftigt sich ihr Team in Zusammenarbeit mit dem Industriepartner Bayer CropScience mit der Herstellung von kostengünstigen, hochwirksamen Biopharmazeutika. Die Grundsubstanz dieser Klasse von Therapeutika sind Proteine.

Zu den bekanntesten gehört Epo (Erythropoietin), mit dem Blutarmut behandelt wird. Dass Epo im Leistungssport auch als Dopingmittel eingesetzt wird, ist sozusagen eine unerwünschte Nebenanwendung. Zu den Proteinen gehören auch Antikörper, die in der Krebstherapie Anwendung finden, oder Insulin dazu. Ansatzpunkt für eine erhöhte Wirksamkeit ist der natürliche Mechanismus der Glykosylierung, mit dem Proteine verändert werden. Chemisch betrachtet, handelt es sich dabei um das Anheften von Zuckerstrukturen.

Aufgewachsen im ländlichen Lavanttal, kannte Steinkellner als studierwillige junge Frau eigentlich nur drei akademische Berufe: Arzt, Jurist und ihre eigene - klassische Wahl - Lehrerin (für Biologie und Erdwissenschaften) an der Universität Wien. Ein Nebenjob führte sie dann aber ins Humangenetische Labor des Wiener Allgemeinen Krankenhauses, wo "mich die genetische Diagnostik von Anfang an begeisterte. Durch die praktische Arbeit mit Proben von 'echten' Patienten fand ich auch im theoretisch ausgerichteten Studium neuen Sinn."

Später brachte sie in einem Boku-Labor ihre Fertigkeiten mit wachsender Begeisterung zum Einsatz und nahm dort letztendlich eine Dissertationsstelle an.

"Im Gegensatz zu herkömmlichen Herstellungsmethoden in tierischen Zellkulturen sind unsere Produktionseinheiten Pflanzenzellen", erläutert die 51-jährige Molekularbiologin. Nach einer umfassenden molekularbiologischen Bearbeitung lässt sich das Muster der Glykosylierung leichter kontrollieren als in Säugerzellen.

Das Laura-Bassi-Zentrum - das im Rahmen einer Initiative des Wirtschaftsministeriums zur Stärkung von Frauen in Forschungseinrichtungen gegründet wurde - ist für die gebürtige Kärntnerin eine logische Folge ihrer bisherigen Forschung. Neben dem Ansehen des Programms genießt sie, in den nächsten Jahren über einen längeren Zeitraum forschen und weniger Zeit für das unentwegte Auftreiben von Forschungsgeldern verwenden zu müssen.

Forschungsaufenthalte führten die Molekularbiologin nach England, in die USA und nach Japan. Im Vergleich mit den angloamerikanischen Ländern scheint der Mikrobiologin das Erkennen und Fördern von Talenten hierzulande zu wenig ausgeprägt. Steinkellner selbst bietet ihrem Team Arbeit in einer international angesehenen Gruppe. Außerdem legt sie Wert auf eine Umgebung, in der sich alle einbringen und weiterentwickeln können. Ihr eigener Wiedereinstieg nach der Geburt der heute neunjährigen Tochter war fließend: "Ich hatte mir bereits eine 'starke' Position an meinem Institut erarbeitet. Die Unterstützung des Institutsleiters und der Kollegen war aber sehr wichtig." (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe 28.10.2009)