Die Einführung des neuen, vereinfachten Regelwerks für IFRS-Bilanzen auch in Österreich würde Klein- und Mittelbetrieben erlauben, sich ohne hohe Kosten für Auslandsexpansion und Börsengänge fit zu machen.

Nach längerer Anlaufzeit hat das IASB (International Accounting Standards Board) im Sommer eigene IFRS-Bilanzierungsregeln für kleine und mittelgroße Unternehmen veröffentlicht. Das Ergebnis ist ein 230 Seiten starkes, von den bisherigen IFRS ("Full IFRS" ) abgeleitetes Regelwerk. Diese KMU-Regelungen unterscheiden sich in zwei wesentlichen Punkten von den vollständigen "Full IFRS :

  • Einfachheit: Nichtrelevante Themengebiete für KMUs wurden weggelassen, die Anzahl der vorgeschriebenen Anhangsangaben reduziert.
  • Beständigkeit: Änderungen der Standards sollen nur alle drei Jahre erfolgen.

Noch ist nicht absehbar, wann und in welcher Form die Standards für österreichische KMUs relevant werden. Dies könnte über ein Übernahmenverfahren der EU, einen weiteren sogenannten "Endorsement" -Prozess passieren (eher unwahrscheinlich) oder über eine Modifizierung des UGB. Dass man aber an dem Thema mittelfristig nicht vorbeikommen wird, steht bereits fest.

Eine Anwendung der IFRS für KMUs ist im Einzelabschluss kein Thema: Einzelabschlüsse bilden die Basis für die Steuerbemessungsgrundlage und sind die Messlatte für Kapitalerhaltungsvorschriften sowie die Ausschüttung von Dividenden. Relevant sind die Regelungen aber für Konzernabschlüsse nicht börsennotierter Unternehmen – börsennotierte sind ohnehin zur Anwendung von Full-IFRS verpflichtet.

Auch jetzt schon haben nicht börsennotierte Unternehmen die Möglichkeit, ihren Konzernabschluss nach IFRS aufzustellen. Viele Unternehmen schrecken aber vor der Umstellung auf IFRS zurück. Die Komplexität der Vorschriften und der befürchtete Umstellungs- und Folgeaufwand sind die Hauptargumente.

Angst vor Transparenz

Dazu gesellt sich die gerade in den letzten Monaten häufiger gewordene grundsätzliche Kritik an den IFRS und das damit verbundene "schlechte Image" – Schlagwort: Fair-Value-Bewertung oder Firmenwertabschreibung. Nicht wenige Unternehmen fürchten außerdem, durch die erhöhte Transparenz eines IFRS-Abschlusses Nachteile gegenüber dem Mitbewerb zu erleiden. Bisher gab es aber auch noch keine eigenen IFRS-Regelungen für KMUs.

Doch genau in der erhöhten Transparenz liegt einer der größten Vorteile von IFRS-Abschlüssen: Der Aussage- und Informationsgehalt wäre auch bei den für KMUs adaptierten IFRS noch um einiges höher als der eines UGB-Konzernabschlusses. IFRS ist im Vergleich zum UGB betriebswirtschaftlicher ausgerichtet – eine Harmonisierung der Berichterstattung zur internen Steuerung mit den relevanten Informationen für den Abschluss ist daher einfacher und kostengünstiger umsetzbar.

Weiteres Einsparungspotenzial besteht beim Reporting von Auslandstöchtern: Durch IFRS kann auf eine Überleitung auf österreichische Bilanzierungsregeln verzichtet werden. Das spart Erstellungskosten und Schulungsaufwand. IFRS für KMUs kann vorausschauend gedacht außerdem ein erster Schritt für einen langfristig geplanten Börsengang sein – der Umstieg auf Full IFRS gelingt später mit relativ geringem Aufwand.

Aufgrund der beschriebenen Für und Wider und der Heterogenität mittelständischer Unternehmen ist eine Lösung für alle schwer denkbar. Flexibilität ist gefragt. Die große Chance zur Verwirklichung einer solchen flexiblen Lösung liegt beim österreichischen Gesetzgeber. Denn es steht jedem Land frei, in welcher Form die IFRS für KMUs übernommen werden.

Dritte Alternative

Unternehmen haben bisher die Wahl, entweder einen aufgrund der komplexen IFRS-Regelungen teuren, aber qualitativ höherwertigen IFRS-Abschluss aufzustellen oder sich mit einem günstigen und einfacheren UGB-Konzernabschluss zu begnügen. Der österreichische Gesetzgeber könnte nun dem Mittelstand durch ein zusätzliches Wahlrecht zur Anwendung von IFRS für KMUs eine dritte Alternative zur Verfügung stellen – und so für zahlreiche Mittelständler einen attraktiven Mittelweg schaffen. (Helmut Kerschbaumer, Günther Hirschbock, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.10.2009)