Sölden - Sölden ist weniger mondän als Kitzbühel, weniger schrill als Ischgl und hat in Sachen Wintersport eine kürzere Tradition als beispielsweise St. Anton am Arlberg. Dennoch hat der Hauptort des Tiroler Ötztals allen anderen etwas voraus: das Kriterium des ersten Schnees. Weil es hierbei um ein Riesengeschäft geht, das gemeinhin Tourismus heißt, aber auch nachgelagerte Bereiche wie Tischlereibetriebe und Bäckereien, Wäschereien und Mechanikerwerkstätten in hohem Maß tangiert, wird dieses Ereignis alljährlich mit entsprechendem Trara inszeniert.

Der Weltcupauftakt, der seit zwölf Jahren dank des oberhalb von Sölden gelegenen Gletschers schon im Oktober, traditionell am Wochenende um den Nationalfeiertag, stattfindet, ist heuer besonders gelungen. Gelungen weniger, was die Ausbeute der rot-weiß-roten Athleten betrifft, sehr wohl aber hinsichtlich der Bilder, die mittels Fernsehen und Zeitung von dem Ereignis transportiert wurden: viel Schnee, blauer Himmel, gute Stimmung.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP), der für den Tourismus verantwortlich ist, brachte es auf den Punkt: "Es geht auch darum, mit den Bildern Lust auf Skifahren zu wecken." Nicht zuletzt deshalb hat sich die Österreich Werbung (ÖW) heuer entschlossen, den Startschuss für ihre Winterkampagne mit dem Startschuss des Weltcuprennens am Riesenbachferner zusammenzulegen.

Urlaub in Österreich

210.000 Euro hat sie für die entsprechend prominente Platzierung des Slogans "Urlaub in Österreich" und allem Drumherum springen lassen. Den Werbewert geben Experten mit einem Vielfachen an, insbesondere weil der Wettergott gnädig war und sich die Bergwelt von der sonnigsten Seite zeigte.

Das geballte Auftreten von Österreich-Werbern und Politprominenz beim Weltcupauftakt hat mit der konjunkturellen schwierigen Lage zu tun. Durch Herausstreichen der Vorteile eines Urlaubs in Österreich soll zumindest versucht werden, ein allzu starkes Überschwappen der Wirtschaftskrise auf die Tourismuswirtschaft zu verhindern. Im Sommertourismus ist das nach den zuletzt veröffentlichten Zahlen der Statistik Austria offenbar gelungen. Durch stärkere Bewerbung der Nahmärkte inklusive Österreich konnten massive Rückgänge bei Gästenächtigungen aus Übersee und Großbritannien zu einem Gutteil kompensiert werden. Das möchte man auch im Winter schaffen, sagte die Chefin der ÖW, Petra Stolba.

15 Mio. Euro hat die ÖW mittels Umschichtung und Auflösung von Rücklagen für die Winterkampagne zusammengekratzt, das sind um zehn Prozent mehr als im vergangenen Winter, der ein Rekordergebnis bei Umsatz und Nächtigungen gebracht hat.

Auch einige Landestourismusorganisationen nehmen mehr Geld in die Hand, allen voran Tirol. Die Tirol Werbung investiert nach Angaben ihres Chefs Josef Margreiter rund 7,5 Mio. Euro und damit um etwa 1,5 Mio. Euro mehr als im vorigen Winter. Das Geld sollte in vier Tranchen zu je zwei Mio. Euro ab 2010 fließen. Weil die Krise aber jetzt akut ist, sollen die Mittel sinnvollerweise auch jetzt eingesetzt werden - präventiv sozusagen.

24.000 Besucher

Für Sölden, die tourismusintensivste Gemeinde Österreichs nach Wien, hat sich der Einsatz schon gelohnt. Allein an den zwei Renntagen waren rund 24.000 Besucher in der 3500-Seelen-Gemeinde und haben bei geschätzten Tagesausgaben von rund 90 Euro in Summe knapp 4,4 Mio. Euro zurückgelassen. Bei Blasmusik und Rock 'n' Roll wurde die Nacht zum Tag. Dass der Sieg im Damen-Riesentorlauf nach Finnland und im Herrenbewerb an die Schweiz ging, spielte dann auch keine Rolle mehr - im Gegenteil. Aus wirtschaftlicher Sicht sei es sogar besser, wenn die heimischen Athleten nicht so dominant seien, wie das in den vergangenen Jahren zum Teil der Fall war. Durch Siege ausländischer Sportler werde das Interesse für den Skilauf in deren Heimatländern geweckt.(Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.10.2009)