Das Stipendium hat er erhalten. Dann musste er freilich noch die Visa-Hürden nehmen: Eren Eti, türkischer Student.

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Wien - "Manchmal hat man schon das Gefühl, man befindet sich in Klein-Türkei." Daheim und dann doch wieder nicht fühlt sich Abdullah Eren Eti, wenn er durch Simmering schlendert. Landsleute und deren in Österreich geborene Kinder begegnen ihm zuhauf, die kulturellen Unterschiede der Auswanderer seien aber groß, meint der 20-jährige Student an der Wirtschaftsuni.

Mittlerweile ist Eti umgezogen. Ausländerfeindlichkeit spürt er auch im zweiten Wiener Bezirk kaum. Das hängt wohl auch mit seinen guten Deutschkenntnissen zusammen. Die hat er sich in Istanbul am St.-Georgs-Kolleg angeeignet. Die dortige österreichische Einrichtung bildet zurzeit 620 Schüler aus - fast gänzlich Türken. Dort kann man mit Matura ebenso wie mit türkischem Diplom abschließen. Eti zählt zu jenen, die den Österreich-Bezug ausdehnen und hier studieren. Volkswirtschaft wählte er, Kommilitonen zog es zur Technischen Uni oder zur medizinischen Fakultät. Von ihnen kennt der Istanbuler auch die Raffinessen des System. Eti selbst muss als Nicht-EU-Bürger Studiengebühren berappen. Seine türkischen Freunde an der Medizin müssen freilich in der EU-Quote Platz finden. Im Unterschied zu seinen meisten Landsleuten wird Eti der Aufenthalt durch ein Stipendium der Industriellenvereinigung (IV) von 500 Euro im Monat erleichtert. Sie sprang im Vorjahr ein, als die öffentliche Unterstützung für Austauschprogramme gestrichen wurde. Was IV-Generalsekretär Markus Beyrer bedauert:Wenn man schon eine Schule mit 45 österreichischen Subventionslehrern fördere, sollte dem Land auch der weitere Werdegang der Absolventen etwas wert sein.

Doch nicht nur finanziell hält sich das offizielle Österreich zurück, auch das Fremdenrecht hat seine Tücken. Die Bearbeitung der Visa-Anträge dauert meist drei, vier Monate. Ein Kollege musste länger warten, schildert der aus armen Verhältnissen stammende Student "und verlor gleich ein ganzes Semester. Ich hatte auch Schwierigkeiten." Dann noch die Aufenthaltsgenehmigung, die dazu nur für ein Jahr gilt. In Deutschland erhalte man bei der Verlängerung des Titels dann gleich eine Lizenz für drei Jahre, in Österreich nicht.

"Derartige Beschränkungen haben schon dazu geführt, dass talentierte Studenten beispielsweise nach Deutschland zum Studium ausweichen" , beklagt auch Beyrer. "Bei Absolventen einer österreichischen Schule - wo es schon ein Naheverhältnis zu Österreich gibt - nicht darauf zu achten, dass diese weiter in Österreich ausgebildet werden können, empfinde ich als wenig überlegt."

Das Naheverhältnis wird kultiviert. Die österreichische Rechtsordnung steht am St.-Georgs-Kolleg, das von den Grazer Lazaristen betrieben wird, ebenso am Lehrplan wie heimische Vogelwelt. Die Schule - samt Kirche (erste urkundliche Erwähnung 1303) und Spital - zählt zu den renommiertesten Bildungseinrichtungen der Stadt.

Hier lernten Ex-Premier Mesut Yilmaz und der griechische Schriftsteller Petros Markairs Deutsch, um dann in Deutschland und Österreich zu studieren. Eren Eti hat auch Pläne. Und sein Aufenthalt scheint gesichert. (as/DER STANDARD, 23.10.2009)