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Jose "Pepe" Mujica liegt in den Umfragen vorn

Foto: epa/Ivan Franco

Montevideo - In Uruguay gibt es am Sonntag gleich vier Abstimmungen. Zum einen geht es um die Nachfolge des ersten linksgerichteten Präsidenten in der Geschichte des seit 1828 unabhängigen südamerikanischen Staats, Tabare Vazquez. Außerdem entscheiden die etwa 2,5 Millionen Wahlberechtigten über die Zusammensetzung des neuen Parlaments. Schließlich finden zwei Volksentscheide statt: Es wird darüber befunden, ob das Amnestiegesetz von 1986 abgeschafft wird, das die Strafverfolgung während der Militärdiktatur (1973-1985) begangener Verbrechen bis heute behindert. Im zweiten Referendum wird darüber abgestimmt, ob die im Ausland lebenden Uruguayer künftig per Briefwahl votieren dürfen.

Bei der Präsidentschaftswahl liegt das frühere Mitglied der Stadtguerilla-Organisation Tupamaros, Jose "Pepe" Mujica, Umfragen zufolge klar in Führung. Demnach wollen zwischen 45,5 und 49 Prozent dem 74-jährigen Kandidaten des Linksbündnisses (Frente Amplio) ihre Stimme geben, mehr als seinen beiden Hauptkonkurrenten zusammen. Dem 68 Jahre alten früheren Staatspräsidenten Luis Alberto Lacalle (1990-1995) von der neoliberalen Nationalpartei werden 27 bis 30 Prozent vorhergesagt. Auf den rechtsgerichteten Pedro Bordaberry, den Sohn des Ex-Juntachefs Juan Maria Bordaberry, entfallen demnach zwischen 13 und 14 Prozent.

Stichwahl wahrscheinlich

Allerdings galten viele Stimmberechtigte bis zuletzt als unentschieden. Es wird erwartet, dass Mujica die für den Sieg in der ersten Runde erforderliche absolute Mehrheit verfehlen wird und sich am 29. November einer Stichwahl stellen muss. Der scheidende Präsident Vazquez, ein gemäßigter Sozialist, der gemäß der Verfassung nicht zum zweiten Mal in Folge antreten darf, war im Oktober 2004 als Kandidat der Frente Amplio mit 50,5 Prozent im ersten Durchgang in das höchste Amt im Staat gewählt worden. Auch im Parlament erzielte Frente Amplio damals die absolute Mehrheit.

Mujica bemühte im Wahlkampf eine scharfe Rhetorik, dürfte aber im Fall seines Wahlsiegs die moderate, reformorientierte Politik seines Vorgängers fortsetzen. Lacalle verspricht, die Sozialpläne des bisherigen Amtsinhabers erhalten zu wollen, zugleich steht er für eine Politik von Privatisierung und "Null Toleranz" bei der Kriminalitätsbekämpfung.

Umstrittenes "Schlusspunktgesetz"

Was die Volksabstimmung über eine Amnestie für die Verbrechen der Militärdiktatur angeht, bekamen die Gegner des "Schlusspunktgesetzes" vor kurzem höchstrichterliche Unterstützung. Das Oberste Gericht des kleinen, zwischen Argentinien und Brasilien liegenden Landes erklärte das Immunitätsgesetz in einem Urteil für verfassungswidrig. Die Entscheidung bezieht sich allerdings auf einen Einzelfall. Die Straffreiheit für Polizisten und Militärs für Verbrechen während der Diktatur war 1986 erlassen und drei Jahre später in einer Volksabstimmung bestätigt worden.

Nach Angaben einer Regierungskommission "verschwanden" unter der Diktatur (1973-1985) mehr als 230 Menschen. Rund 40.000 Menschen wurden gefoltert. Nur äußerst wenige Täter wurden bis dato verurteilt. Der frühere Diktator Gregorio Alvarez (1981-1985) wurde wegen Totschlags in 37 Fällen zu 25 Jahren Haft verurteilt, wie am Donnerstag mitgeteilt wurde. Bereits im Dezember 2007 war Alvarez wegen des "Verschwindens" politischer Gefangener zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Vor einem Jahr entschied ein Berufungsgericht, die Anklagepunkte müssten in Totschlag umgewandelt und neu verhandelt werden. Mujicas Frente Amplio rief dazu auf, für die Aufhebung des Amnestiegesetzes zu stimmen. Dafür demonstrierten diese Woche auch Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Montevideo. (Yanina Olivera/AFP)