Bratislava - Die NATO hat die Entscheidung über mehr Truppen für Afghanistan vertagt. Über eine Aufstockung der Kontingente müsse später entschieden werden, sagte Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nach mehrstündigen Beratungen der Verteidigungsminister in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Mehrere Bündnisländer sprachen sich dafür aus, zunächst die afghanischen Stichwahlen zum Präsidentenamt am 7. November abzuwarten sowie die Entscheidung der USA über zusätzliche Truppen.

US-Verteidigungsminister Robert Gates sagte, US-Präsident Barack Obama wolle in den kommenden zwei bis drei Wochen "konkrete Optionen prüfen".

Forderung nach mehr Soldaten

Die Vereinten Nationen forderten in Bratislava mehr Soldaten für Afghanistan. Vor allem die europäischen NATO-Länder müssten ihr Engagement verstärkten, sagte der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Kai Eide. Von den mehr als 100.000 westlichen Soldaten in Afghanistan kommen mehr als zwei Drittel aus den USA.

Der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Kai Eide, hat sich dem Ruf nach einer Verstärkung der internationalen Truppen am Hindukusch angeschlossen. "Ich glaube, dass mehr internationale Soldaten benötigt werden, besonders um die afghanischen Streitkräfte besser zu begleiten und zu beraten", erklärte Eide am Freitag am Rande des NATO-Verteidigungsministertreffens in Bratislava.

Neben zusätzlichen Ausbilder-Teams für die afghanischen Streitkräfte würden aber auch mehr NATO-Kampftruppen gebraucht, betonte der UN-Sondergesandte. "Einige zusätzliche Truppen werden benötigt, um die Phase zu überbrücken, bis die afghanischen Sicherheitskräfte selbstständig arbeiten können", sagte Eide. Wie viele Soldaten erforderlich seien, müsse die NATO entscheiden.

Deutschland

Deutschland plant vorerst nicht die Entsendung zusätzlicher Soldaten nach Afghanistan. Verteidigungsminister Franz Josef Jung sagte am Freitag in Bratislava, das Mandat des Bundestages solle Mitte Dezember mit der bisherigen Obergrenze von 4500 Soldaten verlängert werden. Erst bei einer internationalen Afghanistan-Konferenz solle dann über das weitere Vorgehen entschieden werden. "Wir brauchen eine klare Gesamtstrategie, wir brauchen ein klares Ziel und wir brauchen eine klare Definition, wie wir dieses Ziel erreichen." Die Afghanistan-Konferenz wird Anfang kommenden Jahres erwartet. Ein genaues Datum steht noch nicht fest.

Truppen für Afghanistan

Die NATO-Verteidigungsminister beraten heute, Freitag, in Bratislava über den Einsatz in Afghanistan. Die NATO-Führung und die USA dringen auf größere Anstrengungen bei der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte. Der Kommandant der Afghanistan-Schutztruppe ISAF, US-General Stanley McChrystal, fordert überdies 40.000 Mann zusätzlich für die Kampftruppen für Afghanistan.

Diese Forderung ist aber selbst in den USA umstritten. Mit Spannung werden in Bratislava deshalb die Einlassungen von US-Verteidigungsminister Robert Gates zu McChrystals Bericht erwartet. Der Kommandant der über 100.000 NATO- und US-Soldaten in Afghanistan, General Stanley McChrystal, nimmt unangekündigt am Treffen der NATO-Verteidigungsminister teil. Der US-General will den 28 Ministern iseine Sicht der Lage am Hindukusch schildern. Bei dem Treffen soll es darum gehen, den afghanischen Sicherheitskräften mehr Verantwortung zu übertragen und deren Ausbildung zu intensivieren.

In einem Beschlussentwurf hieß es, die afghanische Polizei und die Streitkräfte sollten künftig die Führungsrolle im Kampf gegen die Aufständischen übernehmen. McChrystal kommandiert derzeit 104.000 NATO- und US-Soldaten in Afghanistan. Regierungsvertreter haben erklärt, dass er bei US-Präsident Barack Obama die Entsendung von bis zu 40.000 zusätzlichen Soldaten beantragt haben soll. Zuvor war erwartet worden, dass US-Verteidigungsminister Robert Gates die Verbündeten über McChrystals Vorschläge zur Aufstockung des Truppenkontingents unterrichten würde. (APA/AP)