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Nicht nur auf der Linie U1 ist Rot derzeit die bestimmende Farbe im öffentlichen Verkehrsnetz der Hauptstadt. Dabei hat sich die SPÖ nicht immer so engagiert um die Angelegenheiten der Wiener Linien gekümmert

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Dass die Wiener Linien ein ausgegliederter Betrieb sind, kratzt die SPÖ derzeit wenig: Ein Jahr vor der Wahl versucht sie dort Einfluss zurückzugewinnen - unter anderem mit einer Neubesetzung in der Presseabteilung - Von Martina Stemmer

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Wien - Mitgeschleifte Fahrgäste, bespitzelte Mitarbeiter, erboste Anrainer, die gegen eine neue Ausweichschleife für die Zweier-Bim protestieren: Die Geschäftsleitung der Wiener Linien schlägt sich derzeit mit einer ganzen Reihe von Negativschlagzeilen herum.

Dabei bemüht sich der stadteigene Betrieb ein Jahr vor der Wien-Wahl ganz besonders, alles richtig zu machen: Um das Sicherheitsgefühl zu steigern, sollen künftig sämtliche Videoaufzeichnungen in den U-Bahn-Stationen bis zu fünf Tage lang gespeichert werden - die Datenschutzkommission gab kürzlich ihr Okay dazu.

Ordnungstrupps im Wiener Linien-Netz

Ab 1. November sind außerdem zwei Ordnungstrupps im Wiener Linien-Netz unterwegs. Der 40-köpfige Linienservice kümmert sich um die Einhaltung der Beförderungsbestimmungen und verhängt, wenn nötig, Strafmandate. 50 zusätzliche Reinigungskräfte sollen während des laufenden Betriebs die Wagons reinigen.
Pro 100.000 Öffi-Fahrten gebe es zwar nur eine Beschwerde, sagte die für die Wiener Linien zuständige Finanzstadträtin Renate Brauner (SP) bei der Präsentation der neuen Ordnungshüter: „Aber auch diese eine Beschwerde ist uns noch zu viel."

Stadtregierung nicht immer so engagiert

Die rote Stadtregierung kümmerte sich nicht immer so engagiert um die Angelegenheiten der Wiener Linien. Bei unangenehmen Themen wie Unfällen mit Personenschaden, Personalmangel oder alkoholisierten Öffi-Lenkern verwies man in den letzten Jahre gern darauf, dass die Wiener Linien zwar zu 100 Prozent der Stadt gehören, seit 1999 aber Teil der Stadtwerke Holding sind - und somit des unmittelbaren Zugriff der Politik entzogen. Wien zahlt jährlich einen Pauschalbetrag von 250 Millionen Euro an die Wiener Linien, diese sind im Gegenzug vertraglich verpflichtet, Bim-, Bus- und U-Bahn-Netz zu betreiben und weiterzuentwickeln. 

Neuzugang ab November in der Medienstelle

Weil die meisten Wiener dennoch dem roten Rathaus für jede Panne im öffentlichen Nahverkehr die Schuld geben, versucht die SPÖ in Vorwahlkampfzeiten bei den Wiener Linien wieder Boden zu gewinnen: Der langjährige Mitarbeiter Johann Ehrengruber muss seinen Platz an der Spitze der Medienstelle räumen, seinen Job soll ab 2. November Answer Lang übernehmen- ehemals Pressesprecher von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) und bisher mit dem Thema öffentlicher Verkehr wenig befasst.

„Früher hat sich die Geschäftsleitung selbst den Pressesprecher ausgesucht", sagt VP-Verkehrssprecher Wolfgang Gerstl. „Diesmal ist es über die Holding und somit wohl auch über das Büro Brauner gelaufen." Die dreiköpfige Spitze des Unternehmens - kaufmännischer Direktor Walter Andrle, Vorsitzender der Geschäftsführung Günter Steinbauer und betrieblicher Direktor Michael Lichtenegger - hätten Brauners Vertrauen verloren, glaubt Gerstl, mit einem roten Pressesprecher versuche man wenigstens nach außen hin wieder eine einheitliche Linie vorzugeben. 

Aufgeteilte Verantwortung

Bei der Aufteilung der Verantwortung auf drei Posten komme „nichts Gescheites heraus", sagt die grüne Öffi-Sprecherin Ingrid Puller, selbst Straßenbahnfahrerin. Wobei sie Brauner eher zu wenig als zu viel Einfluss vorwirft: „Sie hat wenig Ahnung davon, was bei den Wiener Linien vorgeht." (Martina Stemmer, DER STANDARD Printausgabe 22.10.2009)