Die französischen Champagner-Winzer leidenmassiv unter der Wirtschaftskrise, der Absatz des Luxussprudels sinkt stark. Gewinner sind harte Getränke wie Whiskey, Cognac oder Pastis.

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Man weiß, die Boomjahre sind vorbei. Der globale Erdenbürger hat keinen Grund zum Feiern. Er lässt nicht mehr die Korken knallen, sondern schraubt ernüchtert die Whiskey-Bottle auf. Und man ahnte es - jetzt haben wir die Bestätigung in nackten Zahlen. Der französische Getränkekonzern Rémy Cointreau hat bekanntgegeben, dass er im ersten Halbjahr 6,6 Prozent weniger Umsatz (363 Millionen Euro) erzielt hat. Schuld daran ist vor allem die Champagnersparte. Marken wie Piper-Heidsieck wurden in den ersten sechs Monaten des Krisenjahres 2009 um 42 Prozent weniger verkauft. Wahrlich kein Grund zum Anstoßen für den französischen Konzern.

Und doch legte seine Aktie an der Börse nach Bekanntgabe dieser Kalamität um einige Prozentpunkte zu. Die Börsenanleger waren nämlich überrascht, wie gut sich die anderen Alkoholika schlagen: Der Cognac Rémy Martin, der Liqueur Cointreau oder weniger bekannte Whiskey-Partnermarken verzeichneten in der gleichen Periode einen Umsatzzuwachs von 7,6 Prozent.

Selbst wenn die Aktienhändler darauf den Champagner entkorkt haben sollten, dürfte ihm das umsatzmäßig kaum aus der Talsohle geholfen haben. Im September hatte schon der andere französischstämmige Spirituosen- und Getränkekonzern Pernod Ricard Geschäftszahlen vorgelegt, die den Trend zum harten Drink vermuten ließen. Die Verkäufe von Champagnermarken wie Perrier-Jouët und Mumm gingen unter dem Strich zurück.

Dass das gesamte Unternehmen trotzdem einen Umsatzzuwachs von neun Prozent (auf 7,2 Milliarden Euro) verzeichnen konnte, verdankt es seinem Stammgetränk Pastis und in noch stärkerem Maße den gefärbten Wassern wie dem Cognac Martell oder den Whiskey-Marken Jameson, Chivas Regal oder The Glenlivet.

Der einen Flasche Leid ist der anderen Freud: Wer schon keinen Anlass zum Feiern hat, hat Bedarf an Trost.

Magere Jahre kommen

In der Champagne-Gegend nordöstlich von Paris stellen sich die Hersteller auf ein paar magere Jahre ein. Nachdem der Absatz schon 2008 um fünf Prozent zurückgegangen war, beschleunigt sich der Rückgang dieses Jahr: Bis zur Jahreshälfte gingen die Verkäufe um 23 Prozent zurück.

Die Lager in den Kreidekellern sind für mehr als vier Jahre gefüllt. Da von der Lagerhaltung her nur gut drei Jahre nötig wären, sitzen die Hersteller auf einer Überproduktion von fast einem Jahr. Würden die Champagner-Weinbauern ein Jahr lang streiken, ginge der berühmte Edelsprudel auf dem Planeten nicht einmal aus.

Im September haben sich die Händler und Traubenproduzenten der Region darauf geeinigt, heuer nur noch 229 Millionen Flaschen zu produzieren - gegenüber 389 Millionen im abgelaufenen Jahr. Da braucht auch mancher der französischen Champagner-Winzer einen kleinen Schnaps. (Stefan Brändle, Paris, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.10.2009)