Nicht einmal die Hälfte aller Produkte, die in der Werbung als gesundheitsfördernd angepriesen werden, sind es auch tatsächlich. "Die Lebensmittelwerbung verspricht oft mehr, als sie halten kann" warnte Konsumentenschützer Harald Glatz von der Arbeiterkammer Wien, heute, Mittwoch. Anfang Oktober lehnte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 320 von insgesamt 530 untersuchten, gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel ab, weil sie wissenschaftlich unzureichend bewiesen waren.

Den Herstellern von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln drohen damit voraussichtlich neue Schwierigkeiten im europäischen Zulassungsverfahren für Werbeaussagen. "Es ist davon auszugehen, dass die europäische Kommission die Expertise der EFSA nicht 'overrulen' wird", erwarten beispielsweise die beiden Juristen Martin Prohaska und Michael Kasper von e|n|w|c Rechtsanwälte.

Nur knapp 40 Prozent der Claims erhielt eine positive Bewertung

Die EFSA hat in den vergangenen Monaten mehr als 500 gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel begutachtet, die von den Mitgliedstaaten und Herstellern an die europäische Kommission übermittelt wurden. Nur knapp 40 Prozent der Claims erhielt eine positive Bewertung. Darunter fielen hauptsächlich Vitamine und Mineralstoffe, aber auch zuckerfreie Kaugummis für die Zahnpflege.

Die Werbewirtschaft verspreche vielfach Wirkungen wie "Reguliert die Verdauung", "Stärkt die Abwehrkräfte", "Verbessert die Leistungsfähigkeit des Gehirns", um den Verkauf anzukurbeln. "Die Überprüfung dieser Claims muss weiterhin sehr restriktiv gehandhabt werden", forderte Glatz. Die Verbraucher dürften nicht irregeführt werden.

Angaben, die derzeit schon verwendet werden, müssen nun durch die Europäische Lebensmittelagentur beurteilt werden. Die Lebensmittelwirtschaft hat europaweit über 40.000 solcher Claims gemeldet, die auf rund 4.000 Haupteinträge zusammengefasst wurden und nun beurteilt werden. "Die Europäische Lebensmittelagentur muss an der bisher verfolgten restriktiven Beurteilungspraxis festhalten", so Glatz.

Österreich restriktiv

Die gesetzlichen Anforderungen an gesundheitsbezogene Werbung waren in der Vergangenheit in Österreich immer sehr restriktiv gewesen. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Jahr 2003 hatte allerdings dazu geführt, dass das strenge österreichische Zulassungsverfahren aufgehoben werden musste. Erst mit Verabschiedung der europäischen "Health Claims"-Verordnung unterliegen seit 2007 solche Werbeaussagen wieder einer spezifischen Regelung.

In Großbritannien hat die Werbeaufsicht ASA erst vergangene Woche die Ausstrahlung aktueller TV-Werbespots für das Danone-Produkt Actimel gestoppt, weil die Behauptungen des Lebensmittelkonzerns, Actimel habe positive Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern, nach Angaben der Aufsichtsbehörde nicht erwiesen ist. (APA)