Wien - Generationenkonflikte, Beschneidung und vor allem Zwangsheirat - das sind unter anderem die Themen, über die der Verein Orient Express in Wien kostenlos und anonym betroffene Frauen berät. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat am Mittwoch die Einrichtung im zweiten Bezirk besucht und dabei versprochen, die Gespräche über eine eigene Interventionsstelle für von Zwangsheirat Betroffene zu intensivieren.

Die Errichtung einer Notwohnung für Betroffene schlage sich mit 80.000 Euro zu Buche, 40.000 Euro davon kämen vom Frauenministerium. Für den Betrieb hat Heinisch-Hosek 155.000 Euro jährlich budgetiert. Der gleiche Betrag muss jedoch kofinanziert werden. Als Interventionsstelle nach dem Gewaltschutzgesetz sei eine 50-Prozent-Kofinanzierung mit dem Innenministerium vorgesehen.

Interventionsstelle im Orient Express ansiedeln

Im Gespräch mit den Beraterinnen kündigte sie deshalb an, die Verhandlungen mit Innenministerin Maria Fekter und Familienstaatssekretärin Christine Marek (beide V) fortzuführen und zeigte sich diesbezüglich optimistisch: "Ich werde die Verhandlungen weiterführen und hoffe, dass wir demnächst etwas schaffen."

Offen sei etwa noch, ob die Beratung über Zwangsheirat bundesweit bereits bestehende Einrichtungen übernehmen sollen oder sie zum Beispiel der Verein Orient Express zentral betreibt, so die Ministerin: "Wir könnten die Interventionsstelle bei Orient Express ansiedeln, weil sie hier die Expertise haben." Auch bekräftigte sie: "Die Forderung ist im Regierungsprogramm verankert, aber das gibt mir Kraft und den Druck das weiter zu verfolgen."

Rettungsaktionen und Deutschkurse

Der Verein Orient Express besteht seit 1988 und bietet Beratung, Betreuung und Begleitung für Migrantinnen, erklärte die Vorsitzende Ayse Basari. Seit dem Gründungsjahr werden Deutschkurse mit Kinderbetreuung angeboten: Während ihren Müttern die deutsche Grammatik beigebracht wird, dürfen die Kleinen im Kinderzimmer spielen - davon konnte sich die Ministerin bei ihrem Besuch auch selbst ein Bild machen. Im Februar dieses Jahres bezog die Organisation die neuen Räumlichkeiten in der Schönngasse, womit laut einer Mitarbeiterin auch das Raumproblem gelöst wurde.

Der Verein arbeitet eng mit der Jugendwohlfahrt zusammen, da es sich bei den Ratsuchenden oft um Minderjährige handelt, erklärte die Beraterin Meltem Weiland. Sie berichtete, dass es dem Team im Vorjahr gelungen war, fünf von Zwangsheirat betroffene Mädchen nach Österreich zurückzuholen: "Das ist eine langwierige Arbeit. In einem Fall dauerte es für mich acht Monate, das Mädchen zu finden." (APA)