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Schulterklopfer und US-Vizepräsident Biden (re.) und der polnische Premier Tusk.

Foto: AP Photo/Alik Keplicz

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Cześć, Warszawa!

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Das war die Botschaft von Vizepräsident Joe Biden am Mittwoch in Warschau.

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„Polen ist einer unserer engsten Bündnispartner", sagte US-Vizepräsident Joe Biden am Mittwoch in Warschau, setze aber gleich hinzu: „Die Nato ist eine Einheit. Und das absolut, Herr Premier." Viel konkreter wollten weder Polens Premier Donald Tusk noch Biden nach fast zweistündigem Gespräch werden. Polen scheint aber das neue Sicherheitskonzept gebilligt zu haben, das ein Teil der Nato-Verteidigungsstrategie für Europa und die USA sein soll.

Der neue Raketenschild solle „die ganze Nato" stärken, so Biden. Er solle die Sicherheit Europas und damit auch Polens erhöhen, aber auch die der USA. „Ich freue mich, dass Polen bereit ist, die Elemente des neuen Raketenschilds bei sich aufzunehmen."

Schon seit Wochen werden die neuen Vorschläge aus Washington in Polen diskutiert. Geplant ist demnach ein Raketenschild gegen Kurz- und Mittelstreckenraketen, die Europa bedrohen könnten. Auf mobilen Abschussrampen sollen in Polen bis zu 50 Abfangraketen des Typs SM-3 stationiert werden. Dazu kämen eventuell noch eine oder mehrere Militärbasen für US-Streitkräfte in Polen. Offene Fragen scheinen in erster Linie den rechtlichen Status der Stützpunkte und ihrer Soldaten zu betreffen. Polen besteht darauf, dass beide polnischem Recht unterliegen, die USA fordern rechtliche Exterritorialität. Noch in den letzten Amtstagen von US-Präsident George W. Bush hatten Warschau und Washington einen Vertrag über den Bau eines Raketenschirms unterzeichnet. In Polen sollte eine Abschussrampe für zehn Abfangraketen gegen Interkontinentalraketen aus dem Iran stationiert werden, in Tschechien das dazugehörige Radar.

Dass Bushs Nachfolger Barack Obama wenige Monate nach seiner Amtsübernahme auf den Raketenschild verzichtete, wunderte angesichts seiner kritischen Äußerungen im Wahlkampf kaum jemanden in Warschau oder Prag. Nur der Zeitpunkt war schlecht gewählt. Der Anruf aus Washington kam ausgerechnet am 17. September, dem 70. Jahrestag des Einmarsches der Sowjetunion in Polen.

„Verrat" Obamas

Doppelt bitter stieß den Polen auf, dass Politiker wie Publizisten in Moskau mit Befriedigung und unverhohlenem Triumph auf die Entscheidung Obamas reagierten. Denn der Kreml zog seine Drohung nicht zurück, an der Grenze zu Polen in Kaliningrad Iskander-Raketen zu stationieren. Insbesondere nationalkonservative Publizisten in Polen sprachen von einem „Verrat" Obamas. Angeblich müsse Polen den Preis für die US-russische Wiederannäherung zahlen.

Biden versuchte nun die Sorgen zu zerstreuen. „Wir haben keine Vereinbarungen mit Russland, die auf Kosten Mitteleuropas gehen, und werden auch keine solchen Vereinbarungen abschließen", sagte er der nationalkonservativen Tageszeitung Rzeczpospolita. Nichts werde über die Köpfe Polens und anderer Länder der Region hinweg entschieden. (Gabriele Lesser aus Warschau, DER STANDARD, Printausgabe, 22.10.2009)