"Art and Philosophy" steht auf der Visitenkarte von Johannes Leitner, der Gärten in die Vertikale bringt. Stimmt schon, der Mann ist gelernter Bildhauer, und philosophisch wird er immer dann, wenn er von marokkanischem Sand schwärmt. Dieser habe sich nämlich längst nicht nur als bevorzugter Werkstoff für seine Skulpturen herauskristallisiert, sondern auch als perfekter Boden für die vertikale Begrünung mit Modulen.

"Das ist nichts Neues", sagt er selbst über sein Projekt der "Creative Green Elements". Auf die Idee, Hochhäuser quasi mit einem Garten einzuwickeln, seien schon vor ihm Koryphäen wie der malaysische Architekt Ken Yeang gekommen. Allerdings kann man so ein Vorhaben im Wortsinn auch auf die Spitze treiben: Eine Bepflanzungshöhe von über 50 Metern soll nun mit dem Leitner'schen Modulsystem möglich sein.

Erstes Einsatzgebiet wird der Büroturm im Ökopark Hartberg sein, wo Leitner gerade den Firmenstandort von "Form in Grün" errichtet. Und eines ist schon jetzt klar: Die neue Produktionsstätte, die auch auf das Wissen einer erfahrenen Gärtnerin zurückgreifen kann, wird internationale Kunden haben. In den Emiraten interessiert man sich für die Module ebenso wie auch in Wien für Projekte der öffentlichen Hand.

Nicht nur grüne Fassade

Grünflächen, die in der Senkrechten angelegt werden, haben viele Funktionen: Im Freien können sie lebendige Lärm- und sogar Feuerschutzwände sein, Feinstaub absorbieren sie besonders stark. Und ist eine Fassade erst einmal begrünt, entfallen für diese Flächen auch langfristig die Kosten für eine Oberflächenveredelung. Besondere statische Voraussetzungen verlangt die grüne Wand nicht, denn bei einem Modulgewicht ab 14 Kilogramm wiegt das "Creative-Green-Elements"-System deutlich weniger als die Produkte vom Mitbewerb.

Im Indoor-Bereich besorgen die Grünmodule all das, was man auch Zimmerpflanzen nachsagt: Sie erhöhen die Luftfeuchtigkeit und halten sie konstant. Wird die richtige Bepflanzung ausgewählt, kann diese sogar elektrostatische Aufladungen absorbieren. Und so wie im Außenbereich können diese Module helfen, die baulichen Kosten eines Gebäudes effektiv niedrig zu halten: So ein Garten als Wand fungiert schließlich auch als akustischer und visueller Raumteiler.

Überhaupt scheint es Leitner wahrscheinlich, dass seine Pflanzenmodule vor allem indoor zum Einsatz kommen werden. Denn so schön es auch sein könnte, renommierte Architekten wie Norman Foster für die Realisierung "grüner Wolkenkratzer" zu beliefern, so kompetent fühlt er sich doch als Ausstatter für Skygärten in Foyers. Sechsmonatige Heizperioden sind in seiner obersteirischen Heimat einfach Usus, und er ist es gewöhnt, mit Pflanzen zu arbeiten, die das aushalten. Auch wenn er mittlerweile bereits eine ganzen Stab an Botanikern und Klimatologen beauftragt hat, die beurteilen können, für welchen Breitengrad, welches Grün überhaupt infrage kommt.

Haushalten mit Ressourcen

Dass seine Module weitgehend wartungsfrei sind, erscheint dem Grün-Philosophen gar noch wichtiger als der Umstand, damit den überbordenden CO2-Ausstoß kompensieren zu können. Freilich, sagt er selbst, komme ihm dieses "Sustainability-Gerede" gerade recht für die Geschäftsidee. Bedeutsamer allerdings sei es, dass die Module auch beim Wasserverbrauch sparsam sind. Denn angeboten werden die Pflanzenmodule prinzipiell mit einer integrierten Bewässerungstechnik, die je nach Bestückung nur zwischen 60 und 750 Milliliter Wasser pro Tag verbraucht. So will "Form in Grün" gewährleisten, dass die Lebensdauer der Pflanzen zehn Jahre übersteigt, jene der Module liege ohnehin bei über dreißig Jahren.

Und wenn Johannes Leitner dann wieder vom marokkanischen Sand zu schwärmen beginnt, den er vor sechs Jahren auf einer Reise entdeckte, gibt er sich andererseits doch überraschend "erdig": Denn das Wunder-Granulat für die bepflanzten Module werde nämlich längst in Österreich hergestellt. Das garantiere einen Quadratmeterpreis von nur rund 300 Euro für den vertikalen Garten, und dreidimensionale Gestaltung, wie sie sich ein Bildhauer eben wünscht, ist damit dennoch möglich. (Sascha Aumüller/DER STANDARD, Printausgabe, 21.10.2009)