Wien - Die Zeugin hat schon mehrere Befragungstermine verstreichen lassen und muss am Dienstag von einem Beamten ins Landesgericht begleitet werden. Sie habe Angst gehabt, murmelt sie gegenüber Richterin Susanne Lehr. Die Einvernahme findet im Nebenzimmer statt, wird auf Bildschirmen im Verhandlungssaal übertragen. In diesem sitzt der Angeklagte vollkommen ruhig und starrt wie fasziniert auf den Fernseher.

Opfer: "Ich weiß nur, dass es am Ende so war"

Sie sei damals am 16. 12. 2008 nach einer Geburtstagsfeier von der Spittelau heimwärts gegangen, berichtet drüben die 21-Jährige. In einer dunklen Gasse sei sie dann hinterrücks zu Boden gestoßen worden, der Mann bedrohte sie mit einem Messer, ging mit ihr zum Gürtel, bis er ein offenes Haustor fand. Als die junge Frau dann erzählen soll, was im Stiegenhaus geschah, versagt ihr die Stimme. "Ich weiß nur, dass es am Ende so war", bringt sie schließlich heraus.

Angeklagte leugnet die Vergewaltigung

Der Angeklagte leugnet die Vergewaltigung. Das sei er nicht gewesen. Doch es gibt auch noch andere Frauen, die zur Polizei gegangen sind. Eine war bei der Wienerbergstraße von hinten attackiert, in einen Hauseingang gedrängt und vergewaltigt worden. Vier weitere Frauen konnten dem Angreifer gerade noch entkommen, da es ihnen gelang laut zu schreien - oder weil im Stiegenhaus das Licht anging. Alle beschreiben den Mann gleich: Ein Schwarzafrikaner mit Brille, er trug einen Anorak mit Pelzsaum an der Kapuze.

Spermaspuren

Der Angeklagte sagt, das war er nicht. Doch bei den beiden vergewaltigten Frauen wurden Spermaspuren gefunden, die eindeutig mit der DNA des Angeklagten übereinstimmen. Ob die Proben nicht vertauscht worden sein könnten, fragt der Angeklagte, ob da nicht ein Irrtum vorliegen könne? "Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 1,9 mal Zehn hoch Zwölf", entgegnet ihm die DNA-Sachverständige Christina Stein.

Instabile Persönlichkeit

Die psychiatrische Gutachterin Sigrun Rossmanith hatte dem Angeklagten eine "in den Grundfesten instabile Persönlichkeit" attestiert. Die familiären Verhältnisse - insbesondere die Beziehung zu seiner aus Mosambik stammende Mutter - beschrieb sie als "schwierig".

Doch da sich in der Verhandlung herausstellte, dass der Angeklagte in Deutschland schon fünfmal wegen bewaffneten Einbrüchen vorbestraft ist - und nach den Aussagen der Opfer beantragt Rossmanith eine neue Untersuchung; ob der Mann nicht doch in eine Anstalt eingewiesen werden sollte. "Er war von Anfang an ein Grenzfall", erklärt die Sachverständige.Richterin Lehr vertagt. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe, 21.10.2009)