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IV-Präsident Veit Sorger gibt einen klaren Wegweiser zur Schuldenminimierung vor.

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Grafik: DER STANDARD

Wien - Die Regierung ist derzeit noch bemüht, konkrete Zahlen über die Einsparungen in den nächsten Jahren möglichst zu vermeiden. Die Industriellenvereinigung (IV) hat es da schon eiliger. Sie legte am Dienstag ihre Vorstellungen für die Budgetkonsolidierung vor. Um bis zum Jahr 2025 wieder unter die Maastricht-Verschuldungsgrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu kommen, müssten jährlich neun bis zwölf Milliarden Euro gespart werden, meinte IV-Präsident Veit Sorger.

Wegen der staatlichen Hilfen nach der Finanzkrise, aber vor allem auch wegen verschleppter Reformen in der Vergangenheit werde die Verschuldung Österreichs bis 2013 auf 83 Prozent des BIP steigen, was jährliche Zinszahlungen von elf Milliarden bedeute. Sorger:"Wir haben zu lange über den Verhältnissen gelebt. Jetzt muss die Zeche gezahlt werden."

Abbauen will die Industrie das Defizit ausschließlich über Ausgabenkürzungen. Über höhere Einnahmen, sprich Steuern, wurde erst gar nicht nachgedacht. Sorger: "Je früher man sich damit beschäftigt, desto weniger bringt man bei den Ausgaben weiter."

Knackpunkt Pensionssystem

Und bei den Staatsausgaben hat man zahlreiche Ideen, wo eingespart werden könnte. Dringendsten Handlungsbedarf ortet IV-Generalsekretär Markus Beyrer im Pensionssystem. Ähnlich wie Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) plädiert er für das sofortige Auslaufen der Hacklerregelung, die einen abschlagsfreien Pensionsantritt ab 60 (bzw. 55 für Frauen) ermöglicht.

Das tatsächliche Pensionsantrittsalter (derzeit rund 58 Jahre) will man um zwei Jahre anheben. Auf Länder- und Gemeindeebene solle endlich ein einheitliches Pensionsrecht umgesetzt werden. Wenn all diese Maßnahmen umgesetzt würden, könnte jährlich 2,8 Milliarden Euro gespart werden, glaubt die IV.

Ein Dauerthema ist auch der Gesundheitsbereich. Durch die Umwandlung von Akutbetten in den Krankenhäusern zu Pflegebetten und durch Effizienzsteigerung könnten 2,3 Milliarden Euro lukriert werden. In der Schulverwaltung sieht man ein Potenzial von einer Milliarde, durch die Fusion von kleineren Gemeinden eines von weiteren 500 Millionen.

In Summe kommt man so auf 7,5 Milliarden Euro Sparpotenzial. Damit aber nicht genug:Mittelfristig seien im Pensionssystem, bei der Wohnbauförderung oder den Beamten weitere fünf Milliarden drinnen.

Kein Tabu sind für die IV auch weitere Privatisierungen. Sorger denkt dabei an jene Unternehmen, an denen der Staat noch mit mehr als 25 Prozent beteiligt ist - etwa die Post oder die Telekom. Aber auch auf Landes- und Gemeindeebene gebe es ein "breites Spektrum" an Möglichkeiten.

Ähnlich wie in Deutschland hätte man gerne eine "Schuldenbremse" im Verfassungsrang, um künftigen Defiziten vorzubeugen. Inwiefern die Industrie selbst zum Schuldenabbau beitragen könne, wollte Beyrer nicht sagen. Derartige Vorschläge würden gesondert vorgelegt.

"Gräben werden vergrößert"

Bei den Arbeitnehmervertretern zeigte man sich daher wenig erfreut. Offenbar sollen nur die unselbständig Erwerbstätigen sparen, meinte der Chef der SP-Gewerkschafter, Wolfgang Katzian. "Man muss sich immer wieder vor Augen halten, dass die Wirtschaftskrise von Gruppen ausgelöst wurde, die in den vergangenen Jahren unermessliche Einkommens- und Vermögenszuwächse zu verzeichnen hatten", so Katzian. Genau diese Kräfte würden von der IV aber außen vor gelassen. Eine solche Haltung trage dazu bei, "dass die Gräben zwischen Arm und Reich noch vergrößert werden".

Auch Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel meinte, die Industrie trage in Österreich vergleichsweise wenig zur Finanzierung des Staates bei. Läge man auf dem Niveau der Eurozone, hätte man selbst im heurigen Krisenjahr die Maastricht-Grenze eingehalten, glaubt Tumpel. "Einseitige und überhastete" Sparvorschläge würden langfristig mehr kosten als bringen. (Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 21.10.2009)