Wie lange muss ein Mensch in Österreich leben, um auch für die Behörden als Hiesiger zu gelten? Dragan Komljenovic, geboren 1967 in Benkovac (damals Jugoslawien, heute Kroatien) lebt seit 1979 und somit 29,5 Jahren ununterbrochen im Land, aber Pass will ihm die Wiener MA 35 keinen geben. Das Dumme nur: Er hat auch kein anderes Staatsbürgerschaftsdokument, das einen Menschen zu Beginn des dritten Jahrtausends bekanntlich erst zum Menschen mit Rechten macht: Dragan Komljenovic ist staatenlos, weil das Land Jugoslawien, in dem er auf die Welt gekommen ist, nicht mehr existiert und ihm die beiden Nachfolgerstaaten Kroatien und Serbien nicht als Staatsbürger akzeptieren.

Nun könnte diesbezüglich Österreich einspringen, was nicht ganz weithergeholt wäre, da der Mann seinen Lebensmittelpunkt eindeutig hier hat, in Klagenfurt Hauptschule, Lehre und Berufsschule besuchte und – kleine Nebenbemerkung – Deutsch wie ein echter Ösi spricht. Doch das geht laut der zuständigen Wiener MA 35 nicht "Herr Komljenovic bezieht derzeit Notstand und dieser wird nicht als Einkommen gerechnet. Aber er muss, um Chancen auf die Staatsbürgerschaft zu haben, monatlich 772, 40 Euro Einkünfte vorweisen", erklärt dort der stellvertretende Behördenleiter Manfred Klampfer. Dass der Mann vor allem deshalb keinen Job findet, weil Arbeitgeber angesichts von Staatenlosen meist zurückschrecken, berücksichtigt er nicht.

Nach Komljenovics erstem Passantrag 1997 hatten den Rathausbeamten kurze Meldeunterbrechungen als Argument für ihr Njet gedient. Komljenovic erklärte sie glaubhaft mit dem Rechtsstreit um eine Wohnung, doch das half nicht. Und jetzt? "Bei der Einkommensgrenze sind uns im Land die Hände gebunden. Das Staatsbürgerschaftsgesetz ist Bundessache", sagt Klampfer. Die Einkommensgrenze, so fügt er hinzu, werde im Fall Komljenovic auch im Herbst 2009 noch zu berücksichtigen sein, wenn dieser dann ganze 30 Jahre in Österreich gelebt haben wird – und damit laut Gesetz eigentlich ein Recht auf Einbürgerung hat. Unerwähnt bei alldem bleibt, dass das Land Wien in einer solchen Situation durchaus humanitäre Gründe für eine anderslautende Entscheidung heranziehen könnte. Auf eigene Verantwortung - wenn eine solche im Wiener Magistrat in Sachen Staatsbürgerschaftsrecht existieren sollte.

Irene.Brickner@derStandard.at