In einem Wahlkampf ist vieles möglich - und so ist die unsägliche Anzeige des Kärntner Landeshauptmannes Gerhard Dörfler wegen "grober Fahrlässigkeit" gegen Bürgerinnen und Bürger seines Bundeslandes, die den flüchtigen Asylwerbern von der Saualm Obdach geben, wohl in Zusammenhang mit der im März angesetzten Landtagskür zu sehen. Das BZÖ will auch Haider los die Absolute halten, da kommt die Möglichkeit, Stimmung gegen Menschen zu machen, die anderen helfen, offenbar nur Recht.

Da Dörflers Anzeigenbegründung, wonach die Quartiergeber "straffälligen Asylwerbern" das Abtauchen in die "Anonymität" ermöglichten, in Teilen der in Flüchtlings-Ablehnung geschulten Öffentlichkeit jedoch auch ziehen dürfte, hier drei notwendige Gegenargumente:

- Straffälligkeit beginnt mit der rechtkräftigen Verurteilung, nicht mit einer Anzeige oder gar nur Erwähnung in einer Polizeiakte. Das gilt für Hiesige ebenso wie für Ausländer und Asylwerber – doch Kärntner Politiker bringen dies, wenn sie über die Saualm-Bewohner sprechen, immer wieder durcheinander.

- In der "Anonymität" sind nicht jene Flüchtlinge verschwunden, die jetzt privat beherbergt werden. Sondern die gar nicht so wenigen, die sich seit Eröffnung der "Sonderanstalt" von dort aus dem Staub gemacht haben. Sie leben jetzt "im Untergrund", heißt ohne Grundversorgung und müssen schauen, wie sie über die Runden kommen.

- Die "Sonderanstalt für straffällige Asylwerber" ist keine Kärntner Marotte. Sollten die Schilderungen – Probleme bei Arztbesuchen wegen des weiten Wegs in die nächsten Orte, überbordende Security-Kontrollen –der Wahrheit entsprechen, so besteht der Verdacht, dass auf der Saualm gegen Grundrechte von Asylwerbern – und somit gegen die EU-weit geltende Unterbringungsrichtlinie - verstoßen wird.

Auch wenn Kärnten anders ist: Das ginge die Republik dann ganz sicher an.

Irene.Brickner@derStandard.at